Laut einem vor kurzem bekannt gewordenen Papier der Bundesregierung plant diese im Rahmen einer umfassenden Gesetzesanpassung schwerwiegende Änderungen für die rechtlichen Vorgänge im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung und Strafverfolgung im Internet.
In Zukunft soll es für Internet-Anbieter (ISP) verpflichtend sein, dynamische IP-Adressen automatisch einem Kundenprofil zuzuordnen und diese Daten für staatliche Behörden abrufbar bereitzustellen. Diese Neuregelung stellt eine bedeutende Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) dar, in dem solch eine Zuordnung bisher ausdrücklich verboten ist.
Laut dem Papier umfasst die Auskunftspflicht ausdrücklich den Zugang zu Endgeräten jeglicher Art, also auch Passwörter, Pincodes und Inhalte von Mailboxen und Cloud Accounts. Um den Behörden den Zugriff zu ermöglichen, sollen die Provider verpflichtet werden eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung zu stellen, über welche ein direkter und unkomplizierter Zugriff auf die Daten ermöglicht wird. Zugriffsberechtigt sollen unter anderem Bundeskriminalamt, Zoll, Bundesnachrichtendienst und Militärischer Abschirmdienst sein.
Aus den Reihen der Piratenpartei meldete sich im Rahmen einer Bundespressemeldung Patrick Breyer, Mitglied der Piratenfraktion im Landtag Schleswig-Holstein zu Wort:
“Wenn dieser Entwurf so verabschiedet wird, wird die private Kommunikation im Internet noch stärker überwacht werden, als dies ohnehin bereits geschieht. Der Verdacht von Bagatellstraftaten soll genügen, um ohne richterliche Anordnung Internetnutzer zu identifizieren. Das ist schlicht ein Unding. Auch Geheimdienste und BKA können dann privaten Internetnutzern ohne größere Einschränkungen hinterherschnüffeln. Erstmals in der bundesdeutschen Geschichte sollen Eingriffe der Geheimdienste in das Fernmeldegeheimnis nicht einmal einer Anordnung des Ministeriums bedürfen. Auch eine Benachrichtigung der Betroffenen ist nicht vorgesehen, so dass wirksamer Rechtsschutz praktisch ausgeschlossen ist. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig. Er missachtet die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, wonach Polizeibehörden Internetnutzer nur in Einzelfällen, wenn eine konkrete Gefahr oder ein konkreter Tatverdacht vorliegt, identifizieren dürfen.”
Aus der Wirtschaft wird derzeit vor allem die technische Umsetzung kritisiert, inhaltliche Kritik fehlt. Die Bundesregierung gibt als Grund für diese Änderungen im TKG vor, auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zu reagieren, welches im Januar ein Gesetz für verfassungswidrig erklärt hatte, das Strafverfolgungsbehörden Zugriff auf Daten wie Pincodes oder Passwörter ermöglichte.