Heute sind gleich zwei der Beisitzer unseres Bundesvorstandes zurückgetreten: Julia Schramm und Matthias Schrade erklärten ihr Ausscheiden um 16 Uhr in jeweils eigenen Statements. Die Rücktritte stehen nicht in direktem Zusammenhang.
Matthias Schrade, im Vorstand primär zuständig für die Vernetzung und die organisatorische Vorbereitung der Bundesparteitage, erklärt seine Entscheidung in einem Blogpost damit, dass die Situation im Bundesvorstand durch die Alleingänge von Johannes Ponader zuletzt immer schwieriger geworden sei und seit längerem die Arbeit des BuVos als Team behindere. Unter diesen Umständen sei keine Grundlage für eine weitere Zusammenarbeit vorhanden. Allerdings ist dies nur ein halber Rücktritt: Nur wenn “sich nicht kurzfristig eine grundsätzliche Änderung der Lage ergibt oder eine turnusmäßige Neuwahl beschlossen wird”, scheidet er nach dem Bundesparteitag in Bochum aus dem Vorstand aus.
Matthias ist als Bundesvorstand bislang quer durch die Republik gereist, hat in Niedersachsen dringend notwendige Unterstützerunterschriften gesammelt, zahlreiche Veranstaltungen für die Piraten besucht und immer ein offenes Ohr für die Basis bewiesen. In der organisatorischen Vorbereitung der Bundesparteitage betreut er die Beauftragten und Ausschreibungen und ermöglicht so eine konstruktive Planung, auch über den nächsten BPT hinaus.
Aufsehenerregender ist der Rücktritt von Beisitzerin Julia Schramm. In ihrer Erklärung gibt sie als Grund für diesen Schritt an, die Arbeit im Bundesvorstand habe mehr und mehr “die Anpassung meines Denkens und Handelns an eine alte Politikervorstellung notwendig [gemacht] (…), die ich ablehne und nicht bereit bin zu vollziehen”. Daher scheidet sie mit sofortiger Wirkung aus dem Amt.
Bereits bei Julias Wahl in den Bundesvorstand gab es zahlreiche Kritiker. Unter anderem wurde ihr vorgeworfen, sie wolle nur ihr Buch vermarkten und in Talkshows für sich selbst Werbung machen. Das Erscheinen ihres Buches “Klick Mich” sorgte für unverhältnismäßige Kritik seit der sich Julia konsequent aus der öffentlichen Repräsentation der Piraten zurückzog. Der Grund für ihren Rücktritt liegt eigenen Angaben nach weder in diesen Vorwürfen noch den Konflikten im Bundesvorstand.
Im Bundesvorstand war Julia zuständig für die internationale Koordination, in der sie Strukturen um die bisher weitgehend selbstorganisierten Koordinatoren aufbaute und versuchte, deren Arbeit für die Basis präsenter zu machen. Außerdem betreute sie die inhaltliche Vorbereitung des Bundesparteitages sowie die Antragskommission. Sie setzte sich für Antragskonferenzen im ganzen Bundesgebiet ein, die erfolgreich Piraten auf den programmatischen Parteitag vorbereiten. Schramm verspricht in ihrer Erklärung, diese Arbeit noch zu vollenden. Nach dem Bundesparteitag möchte sie sich komplett aus der ersten Reihe der Piraten zurückziehen und sich stattdessen ihrer Dissertation widmen.
Was diese Rücktritte für den Bundesvorstand und die Partei als Ganze bedeuten, bleibt abzuwarten. Insbesondere die Begründung des Rücktritts von Matthias lässt nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass weitere Rücktritte folgen können und macht deutlich, dass es im Vorstand tiefgreifende Probleme gibt. Für die Piratenpartei bleibt zu wünschen, dass der Vorstand seine Differenzen beilegt und bis zu einer Neuwahl den Bundestagswahlkampf voranbringt. Auf seiner Sitzung am 10. Oktober gab der Vorstand an, die Vorstandsneuwahl erst für den BPT 2013.2, nach den Bundestagswahlen anzustreben Zu dieser Frage soll auf dem kommenden Bundesparteitag in Bochum ein Meinungsbild von der Basis eingeholt werden.
Wir danken Julia und Matthias für die von ihnen geleistete Arbeit und wünschen ihnen für ihre Zukunft alles Gute.