Die Mitgliederzahl der Piraten liegt inzwischen knapp unter 35.000. Am 24. und 25. November findet der zweite Bundesparteitag (BPT) des Jahres 2012 der Piraten in Bochum statt. Die Organisatoren rechnen mit etwas über 2000 teilnehmenden Piraten.
Um neuen Mitgliedern und interessierten Bürgern näher zu bringen, was ein BPT ist und wie er im Wesentlichen abläuft, haben wir häufig gestellte Fragen vorab zusammengetragen und beantwortet.
Wozu dient ein Bundesparteitag und welche Befugnisse hat er?
Der Bundesparteitag ist gemäß Satzung das höchste Entscheidungsgremium der Piratenpartei. Nach dem deutschen Parteiengesetz (PartG) ist dies vorgeschrieben. Bei anderen Parteien wird der Bundesparteitag teilweise auch Bundesdelegiertenkonferenz genannt. Die Piraten kennen jedoch keine Delegierten, hier kann jedes Mitglied teilnehmen und hat Stimmrecht.
Auf dem Bundesparteitag werden Personalwahlen für die Parteiämter (Bundesvorstand oder Bundesschiedsgericht) entschieden und/oder verschiedene Anträge debattiert, gegebenenfalls modifiziert und angenommen oder abgelehnt. Der BPT12.2 ist allerdings rein programmatisch, da der Bundesvorstand sowie das Schiedsgericht bereits im April dieses Jahres auf dem BPT12.1 in Neumünster für eine einjährige Amtszeit gewählt wurden.
Der BPT kann weiterhin Entscheidungen zu jedem Thema treffen, das die Partei betrifft. Hierbei ist aber auch ein BPT an die Parteisatzung gebunden. Zwar kann ein BPT die Satzung ändern, jedoch muss eine mögliche Satzungsänderung im Vorfeld schriftlich unter Wahrung einer Vierwochenfrist öffentlich beantragt werden, so dass es allen Mitgliedern der Piratenpartei Deutschland möglich ist, gegen diese Änderung zu stimmen.
Dem Bundesparteitag steht in der Regel ein Versammlungsleiter beziehungsweise ein Versammlungsleiterteam vor. Auch gibt es fast immer eine so genannte Antragskommission, die Anträge von Einzelpersonen oder Gruppen im Vorfeld bearbeitet, um den reibungslosen Ablauf des Bundesparteitags zu gewährleisten.
Wie läuft ein Bundesparteitag im Allgemeinen ab?
Vor dem eigentlichen BPT steht die Akkreditierung, d. h. alle teilnehmenden Piraten melden sich vor Ort an, damit geprüft werden kann, ob der jeweilige Pirat über das parteiinterne Wahlrecht verfügt. Er muss ein reguläres Mitglied der Piratenpartei Deutschland sein und darf mit der Zahlung seines Mitgliedsbeitrages nicht im Rückstand liegen.
Für die Akkreditierung wird ein amtliches Ausweisdokument (Personalausweis oder Reisepass) benötigt. Der Teilnehmer erhält ein nicht lösbares Armband mit eindeutiger, zufälliger Identifikationsnummer, Stimmkarten (Ja/Nein) sowie einen Block mit nummerierten und verschiedenfarbigen Stimmzetteln, die alle die gleiche Identifikationsnummer wie das Armband tragen (falls nicht, bitte sofort Beschwerde einlegen).
Der Parteitag beginnt mit der Begrüßung durch einen Vertreter des Bundesvorstandes und/oder des gastgebenden Landesverbandes und/oder eines Vertreters der gastgebenden Stadt, bevor mit der Wahl des Versammlungsleiters bzw. des Versammlungsleiterteams, des Wahlleiters oder Wahlleiterteams, der Wahlhelfer und der Protokollanten zum ersten Punkt der To-Do-Liste übergangen wird.
Im Anschluss wird über die Zulässigkeit von Besuchern, also Nicht-Piraten, auf dem Parteitag abgestimmt. Bisher war dies – ebenso wie die Abstimmung, ob Bild- und Tonaufnahmen erlaubt sind – angesichts des piratigen Grundprinzips der Transparenz immer reine Formsache.
Nachdem die Minimalanforderungen für die Funktion des BPTs erfüllt sind, kann mit der Abstimmung über die Tagesordnung (TO) und die Geschäftsordnung (GO) begonnen werden. Üblicherweise wird die Geschäftsordnung vom Versammlungsleiterteam erarbeitet. Sie wird meist vom letzten Bundesparteitag übernommen und leicht angepasst – der Vorschlag für die GO für den BPT12.2 steht bereits im Wiki.
Da der Parteitag in Bochum rein programmatisch sein soll, folgt nun der wichtigste Block überhaupt: die Anträge. Zunächst wird über die Antragsreihenfolge und die Abstimmungsmethode abgestimmt. Damit wird festgelegt, wann und wie über einzelne Anträge oder ganze Antragsgruppen zu einem Zeitpunkt entschieden wird, bevor die einzelnen Anträge vorgestellt und durch die Antragssteller evtl. Begründungen bzw. Fürsprachen vorgetragen werden.
Aktuell liegen bereits über 400 Satzungsänderungs-, Programm- und sonstige Anträge vor. Da es nicht möglich ist, über alle diese und die noch stellbaren sonstigen Anträge und Positionspapiere an einem Tag abzustimmen, wird es eine Unterbrechung und Vertagung auf Sonntag geben. Am zweiten Tag geht es dann direkt mit den verbliebenen Anträgen weiter.
Die Zeit, welche zur Abarbeitung aller Anträge benötigt wird, lässt sich im Vorfeld noch nicht abschätzen. So kann es sein, dass nicht alle Anträge behandelt werden und auf dem nächsten Bundesparteitag erneut gestellt werden müssen. Der BPT12.2 wird voraussichtlich am Sonntag 18.00 Uhr enden.
Was benötige ich, um an einem BPT und anstehenden Abstimmungen teilnehmen zu können?
Sofern Du Pirat und nicht mit deinem Mitgliedsbeitrag im Rückstand bist, benötigst Du nur ein amtliches Ausweisdokument für die Akkreditierung vor Ort.
Kann ich auch ohne Delegation an einem BPT teilnehmen?
Die Piraten arbeiten basisdemokratisch und wenden kein Delegiertensystem an. Somit kann jeder Pirat an einem BPT teilnehmen.
Welche Antragsarten gibt es und wie unterscheiden sie sich?
Es gibt 5 Arten von Anträgen für einen BPT:
- Satzungsänderungsantrag (SÄA)
Ein SÄA ändert oder ergänzt die Satzung der Piratenpartei Deutschland. Zum einen ist eine Satzung laut PartG vorgeschrieben und zum anderen soll sie die Arbeit durch Standardisierung von internen Abläufen die innerparteiliche Arbeit erleichtern.
- Grundsatzprogrammantrag (PA)
Ein Grundsatzprogrammantrag ergänzt oder ändert das Grundsatzprogramm der Piratenpartei Deutschland. Im Grundsatzprogramm sind die wichtigsten Werte und Ziele der Piraten festgehalten. Das Grundsatzprogramm ist langfristig ausgelegt.
- Wahlprogrammantrag (PA)
Ein Wahlprogrammantrag ergänzt oder ändert das (Bundes-)Wahlprogramm. Das Wahlprogramm ist mittelfristig auslegt.
- Sonstiger Antrag (P)
Ein Sonstiger Antrag fällt weder unter Wahl- noch Grundsatzprogramm, kann beispielsweise interne Fragen regeln.
- Positionspapier (Q)
Positionspapiere sind keine Programmentscheidungen, sondern Arbeitsthesen als Grundlage für weitere programmatische Arbeit. Sie befassen sich meist mit speziellen Themen und haben evtl. mehr tagespolitischen Bezug. Eine Übersicht der momentan beschlossenen Positionspapiere kann man im Wiki finden.
Gibt es auf dem BPT12.2 Verpflegung / Getränke?
Es wird Getränke und Verpflegung durch einen externen Caterer geben. Details sind leider noch nicht bekannt.
Kann man in der Veranstaltungshalle übernachten?
Nein! Leider steht eine Halle zur Übernachtung dieses Mal nicht zur Verfügung. Im Wiki findet ihr eine Übersicht von Angeboten zum interpiratigen Couchsurfing.
Wie kann ich vor Ort helfen, wenn ich das möchte?
Vor Ort gibt das ORGA-Team, das sich mit verschiedenen Untergruppen um alle (veranstaltungs-)technischen Belange kümmert. Wer mithelfen will, kann sich bei Florens Dölschner melden.
Gibt es während des BPT Zugang zum Internet?
Ja, es wird einen Zugang zum Internet geben. Hierzu steht an jedem Tisch ein Netzwerkverteiler (Switch) bereit. Der Anschluss an den Switch liegt jedoch in der Verantwortung jedes einzelnen Besuchers, daher bitte ein Netzwerkkabel mitbringen! Ob es auch WLAN geben wird ist derzeit noch nicht klar.
Welche Posten gibt es auf einem BPT und was ist deren Aufgabe?
Im Grunde gibt es drei vom BPT gewählte Posten: Versammlungsleiter, Wahlleiter und Protokollanten.
Auf Bundesparteitagen der Piratenpartei gibt es in der Regel ein Team von Versammlungsleitern, die sich regelmäßig in ihrer Tätigkeit abwechseln. Sie leiten die Versammlung und somit ihren organisatorischen und zeitlichen Ablauf.
Dem Wahlleiter obliegt die Durchführung von Personenwahlen und geheimen Abstimmungen.
Der Protokollant führt ein Protokoll der Versammlung, welches am Ende durch den Versammlungsleiter, den Wahlleiter und den Protokollanten unterschrieben wird.
Wie kann ich auf dem BPT meine Meinung äußern?
Zu jedem Antrag gibt es eine Diskussionsphase. Während dieser kann man sich zu einem der Saalmikrofone begeben und seine Meinung dort kundtun. Dabei sollte man darauf achten, nichts zu wiederholen, dass schon jemand gesagt hatte, um die Versammlung nicht unnötig Zeit zu kosten.
Wie stelle ich einen Geschäftsordnungsantrag (GO-Antrag)?
Durch Heben beider Arme und Formulierung eines Antrags an die Geschäftsordnung. Hier gilt es aber zu beachten, dass nur bestimmte GO-Anträge zulässig sind:
- Zulassung des Gastredners XY
- Ablehnung des Wahlhelfers XY
- geheime Wahl
- geheime Abstimmung
- Wiederholung der Wahl/Abstimmung
- Auszählung
- getrennte Wahlgänge
- Änderung der Reihenfolge der Wahlgänge
- Alternativantrag
- Schließung der Redeliste
- Wiedereröffnung der Redeliste
- Begrenzung der Redezeit
- Einholung eines Meinungsbildes
- Unterbrechung der Sitzung
- Änderung der Geschäftsordnung (nur schriftlich)
- Änderung der Tagesordnung (nur schriftlich)
Wie kann ich vor Ort von meinem Wahlrecht (aktiv und passiv) Gebrauch machen?
Ganz einfach, indem man sich bei Personenwahlen aufstellt und/oder bei Abstimmungen abstimmt. Offene Abstimmungen erfolgen durch Heben der entsprechenden Karte.
Welche Fristen muss ich im Voraus einhalten?
Satzungs- und Programmänderungsanträge müssen vier Wochen vor dem Parteitag über das Antragsportal eingereicht werden. Sonstige Anträge und Positionspapiere können auch auf dem, auf jeden Fall bis zum, Parteitag gestellt werden.
Was muss ich allgemein beachten, um nicht unabsichtlich in ein Fettnäpfchen zu treten?
Der BPT12.2 soll ein Arbeitstreffen werden, um die programmatische Arbeit und Aufstellung der Partei zu verbessern. Daher kann alles, was eine Störung des Arbeitstreffens zur Folge hat, z.B. die wiederholte und somit wissentliche Abgabe eines falschen Stimmzettels, als Fettnäpfchen angesehen werden.
Im Wesentlichen sind Parteitage der Piraten jedoch zwanglos und dienen in hohem Maße der Teambildung, da Piraten aus allen Ecken und Winkeln der Republik hier zusammenkommen und sich so die Möglichkeit ergibt, alte Bekanntschaften aufzufrischen oder neue zu schließen.
Man kann jedoch sagen, dass die allgemeine Nettiquette in größeren Gruppen befolgt werden soll. Dazu gehört, dass die Veranstaltung und ihr flüssiger Ablauf nicht unnötig gestört werden soll durch:
- Laute Unterhaltungen, besonders während Reden und Ansprachen
- Überschreitung der Redezeit
- Unnütze Redebeiträge wie platte Zustimmungsbekundungen “das sehe ich auch so”, “me too”, “+1” o. Ä.
- Wiederholung von Aspekten oder ganzen Redebeiträgen ohne neuen Erkenntnisgewinn
- Stellung unnötiger GO-Anträge
Hierdurch soll niemand in seiner Meinung beschnitten werden, sondern vielmehr der zeitliche Rahmen geschaffen, um möglichst alle Teilaspekte zu einem Punkt zu hören. Da viele Hundert Piraten anwesend sein werden, könnte man die beiden Tage des Programmerarbeitungs-BPTs alleine dadurch füllen, dass jeder Pirat seine (evtl. mit vielen anderen geteilte) Meinung mittels Redebeitrag statt in einer Abstimmung äußert.
Piraten möchten Politik anders, menschlicher machen. Fehler und Ausrutscher werden deshalb sehr schnell verziehen bzw. gar nicht als solche verurteilt.