
Harald Damskis, in der AG60+ Beauftragter für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit beschreibt, wie die AG zum Erfolgsmodell wurde.
Die AG60+ feiert dieses Jahr ihren ersten Geburtstag. Es war auf einem der regelmäßig stattfindenden Stammtische im Münchener Stadtteil Sendling, als Manfred Plechaty und Herbert Stubner die Idee hatten, dass auch ältere Piraten einen Heimathafen brauchen. Gesagt, getan. Am 24. Oktober 2011 wurde die AG60+ aus der Taufe gehoben. Auch wenn der Anteil der Übersechzigjährigen bis heute noch überschaubar ist, war völlig klar, dass das Potential dieser Bevölkerungsgruppe gewaltig sein muss. Gegenwärtig ist immerhin jeder vierte Bundesbürger über 60 Jahre alt. Keine Bewegung, geschweige denn eine Partei, kann in Deutschland ohne die älteren Bürger etwas bewegen. Und man darf nicht vergessen, dass der Erfinder des WWW heuer [Anmerkung der Redaktion: „heuer“ bedeutet so viel wie „dieses Jahr“] auch schon 57 geworden ist.
Schnell sammelten sich weit über 40 interessierte Piraten aus München und Umgebung, die sich rege über eine Mailingliste austauschen und Aktionen planen. Den harten Kern macht in etwa ein Dutzend aus. Regelmäßig treffen sie sich in der Landesgeschäftsstelle in München3. Die AG60+ ist nicht nur ein Gesprächskreis. Kaum eine Gelegenheit für einen Straßeneinsatz wird ausgespart. Drei bis vier Infostände pro Monat sind nicht unüblich. Gelegenheiten zur politischen Kundgebung wie Christopher Street Day oder „München ist bunt“ werden gerne wahrgenommen.

Das Themenspektrum der AG60+ ist breit angelegt. Ein menschenwürdiges und selbstbestimmtes Leben bis ins hohe Alter hinein steht im Mittelpunkt, aber man weiß, dass dies nicht möglich ist, ohne mehr Bürgerrechte, Transparenz in Politik und Verwaltung und einem ungehinderten Zugang zu Wissen und Kultur. Eine gesicherte Existenz und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sind Ziele, für die es sich gerade auch für ältere Mitbürger zu kämpfen lohnt. Die zunehmende Bedrohung breiter Bevölkerungsteile durch Altersarmut machte die Rentenfrage zu einem der beherrschenden Themen der politischen Diskussion in Deutschland.
Die AG60+ hat den Ball konsequent aufgegriffen. Zahlreiche Diskussionsrunden fanden statt, bei denen unterschiedliche Lösungen und Finanzierungsmodelle erörtert wurden. Namhafte Experten aus verschiedenen politischen Lagern stellten ihre Konzepte vor, die einer kritischen Prüfung unterzogen wurden. Das Ergebnis der Bemühungen war das „Rentenmodell für das 21. Jahrhundert“. Dieses Positionspapier der AG60+ zeigt auf, wie durch eine solidarische Beteiligung aller die Altersversorgung in Zukunft gesichert werden kann. Die Anleihen beim Schweizer System der Alterssicherung sind dabei unverkennbar. Dies beweist zum einem die Machbarkeit der Lösungskonzeption, zum anderen ist es aber ein Beispiel dafür, dass auch ältere Piraten nicht davor zurückscheuen, gute Ideen zu kopieren und wieder zu verwenden.
Auf den Landesparteitagen 2012 im Frühjahr in Straubing und im Herbst in Maxhütte hat die AG60+ mit ihrem gewählten Sprecher, Mauri Fischbein, die bayerischen Piraten davon überzeugt, dass beim Thema Rente dringender Handlungsbedarf besteht. Der größte innerparteiliche Erfolg war aber die Aufnahme der Kernforderungen ins Grundsatzprogramm der Piratenpartei auf dem Bundesparteitag Ende November 2012 in Bochum. Ohne vorangehende Vernetzung wäre das nicht möglich gewesen. Hier ist neben der bundesweiten AG Senioren vor allem der „Arbeitskreis Altersarmut und Rentenpolitik“ aus NRW hervorzuheben, mit dem gemeinsam der Programmantrag für den BPT erarbeitet wurde.
Einer der nächsten Schritte ist nun ein „Bootcamp“, auf dem die AG60+ und der AK Altersarmut sich gemeinsam für den Bundeswahlkampf 2013 fit machen wollen. Die Argumentation für ein solidarisches System der Alterssicherung, zu dem alle steuerpflichtigen Einkommen und Kapitalerträge herangezogen werden, muss hieb- und stichfest gemacht werden. In Arbeitsgruppen sollen daher organisatorische, finanzielle und rechtliche Implikationen der Neuordnung der Alterssicherung erarbeitet werden.
Gefragt nach dem Erfolgsrezept der AG60+ lautet die einhellige Meinung in der AG60+: Fokussierung auf ein Kernthema, breite Vernetzung mit anderen Arbeitsgruppen und Beharrlichkeit sind die wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.