Basisdemokratie ist anstrengend. Diese Lebensweisheit bekamen die Piraten spätestens in #Bongs zu spüren. Bereits auf dem letzten Bundesparteitag in Bochum stand nämlich jedes einzelne Mitglied der Partei vor der fast unlösbaren Herausforderung, die etwa 800 Wahlprogramm-, Grundsatzprogramm- und Satzungsänderungsanträge sowie die Positionspapiere zu lesen, zu verstehen, Rückfragen zu stellen und sich während der Diskussion auf dem Parteitag eine abschließende, qualifizierte Meinung zu bilden. Nur die sogenannten “Zeitreichen” und die nimmermüden, fleißigen Bienchen konnten diese Aufgabe mit immens hohem Aufwand einigermaßen bewältigen, für die Masse aber war das Antragsbuch schlicht und einfach zu umfangreich.
Was tun?
Diverse Gruppen in der Piratenpartei begegneten diesem Problem mit unterschiedlichen Ansätzen: Auf der einen Seite versucht eine Satzungsänderung die “Antragsflut” mittels einer fünf-Unterstützer-müsst-ihr-sein-Hürde zu begrenzen und gleichzeitig zu erzwingen, dass sich Piraten mit inhaltlich ähnlichen Anträgen vorher zusammentun, wo bisher viele Eigenbrötler am Werk waren.
Einen komplett anderen, von der Idee her aber nicht neuen Ansatz, verfolgen die Verfechter des Online-Parteitages bzw. der Ständigen Mitgliederversammlung (SMV). Jene Piraten treffen sich in diesen Tagen auf der SMVCON in Rostock (die Flaschenpost berichtete), um die konzeptionellen Weichen hierfür zustellen.
Dann ist noch der dezentrale Parteitag zu erwähnen, der hoffentlich bei den Verantwortlichen (wer ist das eigentlich?) nicht in Vergessenheit gerät.
Die Initiative “Gemeinsames Wahlprogramm”
Ein für die Initiatoren und Mitstreiter der “Initiative Gemeinsames Wahlprogramm (IniGWP)” besonders arbeitsaufwendiges, organisatorisch gut durchdachtes und erfolgversprechendes Konzept läutet in diesen Tagen seine entscheidende Phase ein, an dem insgesamt mehrere hundert Piraten mitgewirkt haben. Ziel der IniGWP ist, durch offene Strukturen, Vernetzung, Qualitätssicherung, Vermeidung von Doppelungen und Herstellung von Konsens eine “effizientere Entscheidungsfindung zu ermöglichen.”
Auf der Seite der IniGWP konnten bis zum 11.03.2013, 23.59 Uhr Antragstexte für das gemeinsame Wahlprogramm eingestellt werden, die der Basis anschließend in einer LimeSurvey-Umfrage zur Abstimmung vorgelegt werden. Um an dieser Umfrage teilnehmen zu können, müssen die Piraten ihre Kommunikationspräferenzen für solche Aktionen entsprechend konfiguriert haben. Diese Einstellungen können hier geändert werden. Anträge, die aus dieser Umfrage von mindestens 70 Piraten bewertet und mit einer mindestens 67%-igen Zustimmung hervorgehen, fließen dann (redaktionell überarbeitet) in einen gemeinsamen Antrag für den BPT in Neumarkt ein.
In der letzten Phase haben dann noch einmal bis zum 12.04.2013 alle Menschen die Möglichkeit, Änderungs- und Erweiterungsanträge mit Bezug zum Sammelantrag und alternative Sammelanträge einzubringen.
Es bleibt zu hoffen, dass es der gemeinsame Antrag der IniGWP auf die Tagesordnung in Neumarkt schafft und so zum einen die Arbeit der IniGWP belohnt und zum anderen ein Wahlprogramm beschlossen wird, das unterstreicht, dass die Piraten keine “Kein-Programm-Partei” sind.