Die Fragen stellte Anne Krampe-Scheidler
Flaschenpost: Was hast Du in den zwei Wochen bei den PIRATEN gemacht?
Natascha: Meistens war ich in der Bundesgeschäftsstelle. Dort habe ich mitgeholfen bei der Büroarbeit und beim Post sortieren. Für die Aufstellungsversammlung mussten Briefe mit Wahlzetteln vorbereitet werden. Ich war dann auch selbst bei der Aufstellungsversammlung der Berliner PIRATEN, bei der die Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl gewählt wurden. Drei Mal war ich im Abgeordnetenhaus von Berlin. Philipp Magalski, Abgeordneter der Berliner PIRATEN-Fraktion, hat dort für andere PIRATEN eine Führung gemacht. Ich fand das ziemlich gut, dass sich die Mandatsträger noch Zeit nehmen für die PIRATEN, die im Hintergrund die ganze Arbeit machen. Die PIRATEN, die ich kennengelernt habe, waren zwar teilweise etwas strange, aber noch nicht so abgehoben. Im Abgeordnetenhaus hat mir jemand erzählt, dass die PIRATEN auch Putzfrauen und Handwerker grüßen. Die Führung selbst war auch sehr interessant. Ich wusste gar nicht, dass man da so einfach hineingehen und sich alles angucken kann.
Einmal habe ich auch an einer Plenarsitzung teilgenommen. Ich war erstaunt, wie respektlos sich die Politiker teilweise gegenüber den anderen verhalten, besonders, wenn jemand redet. Ich wusste auch nicht, dass die da ständig rein- und rausgehen können. Einen Tag lang habe ich den Abgeordneten Fabio Reinhardt begleitet. Da fand gerade eine Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Soziales statt. Mir ist aufgefallen, dass sich viele Themen der PIRATEN mit den Grünen überschnitten haben. Obwohl Fabio mir manches erklärt hat, war es schwer, der Diskussion zu folgen, da ständig Abkürzungen benutzt wurden, wie zum Beispiel WAV, SGB XII, LSG oder HzE.
Flaschenpost: Was hat Dir am besten gefallen?
Natascha: Für mich war die Aufstellungsversammlung sehr interessant, weil ich da das Gefühl hatte, ich bin jetzt mittendrin in der Partei. Es war total anders als bei anderen Parteien. Alle saßen mit ihren Laptops oder Handys da. Über das Abstimmungsverfahren wurde unheimlich lange diskutiert. Dadurch kam es auch erst nach Stunden zur Vorstellung der Kandidaten, was ja eigentlich das Wichtigste war. Die Stimmung war gut. Ich habe während des Praktikums viel über Politik gelernt, zum Beispiel, was bei einer Plenarsitzung passiert, was ein Ausschuss macht und wie das komplizierte Wahlsystem bei den PIRATEN funktioniert.
Flaschenpost: Was hat Dir nicht so gut gefallen?
Natascha: Ich konnte zu wenig machen. Und wenn, waren es meistens nur Bürotätigkeiten. Es gab Stunden, da habe ich nur vor dem PC gesessen. Das war manchmal ein bisschen langweilig. Ich hatte insgesamt das Gefühl, dass es nicht so viel zu tun gibt. Aber ich wurde total nett aufgenommen, und mein Betreuer Ronny Schellenberg hat mir auch viel erklärt. Ich fand auch toll, dass Ronny und Moritz Niemeyer mir diese Möglichkeiten organisiert haben, also die Teilnahme an der Aufstellungsversammlung oder die Sachen im Abgeordnetenhaus.
Flaschenpost: Wie stehst Du zu den Positionen der PIRATEN?
Natascha: Ich finde viele Ansätze gut, weil sie neu sind. Mich sprechen vor allem die ganzen Computersachen an, also freies W-LAN und so. Auch das mit dem Patentrecht finde ich gut. Aber ich bin noch zu wenig drin, um schon richtig sagen zu können, das ist meine Partei. Nicht so gut finde ich die Forderung nach Drogenlegalisierung oder die Sache mit den Unisex-Toiletten. Kein Wunder, dass die PIRATEN nicht ernst genommen werden, wenn sie sich um solche vergleichsweise kleinen Probleme kümmern.
Flaschenpost: Als Du das Praktikum gemacht hast, standen die PIRATEN ganz schön in der öffentlichen Kritik. Was hattest Du für einen Eindruck von der Stimmung an der Basis?
Natascha: Ja, es gab kaum einen Tag, an dem nicht ein negativer Artikel in den Zeitungen stand. Trotzdem hatte ich den Eindruck, dass die PIRATEN in der Geschäftsstelle das alles relativ locker sehen. Sie haben es auch nicht richtig kommentiert, eher so nach dem Motto „Ja, das wird schon.“ Aber ich habe das auch bei der Post gemerkt. Es gab immer mal wieder Briefe, in denen Leute ihren Austritt aus der Partei mitgeteilt haben. Mich hat das dann immer traurig gemacht und ich habe gedacht, das ist bestimmt schlimm. Aber da hieß es dann: „Ist nicht so schlimm, das kommt halt vor“. Aber die PIRATEN leben doch von ihren Mitgliedern!
Flaschenpost: Welche Tipps würdest Du den PIRATEN geben, um mehr Aufmerksamkeit bei jungen Leuten zu bekommen?
Natascha: In meiner Klasse finden viele, dass die PIRATEN gute Ansätze haben, aber keine Umsetzungspläne. Ich weiß nicht genau, ob das wirklich so ist. Aber ich finde, dass die Partei bei Jugendlichen zu wenig in Erscheinung tritt. Philipp Magalski hat mir erzählt, dass er in Schulen geht. Bei uns war bisher kein Vertreter der Piratenpartei. Es gibt wohl die Idee, ein Charity-Konzert zu veranstalten. Ich glaube, wenn man das an einem guten Ort macht, wie z.B. auf der Tempelhofer Freiheit oder im Mauerpark, wäre das schon ziemlich toll.