Lampenschirme, Büsten, Figuren für Weihnachtskrippen, Schachbretter, Bauernhöfe und Cowboyforts. Das sind die Gegenstände, die auf jeder Messe für 3D-Drucker zu sehen sind. Aus der Presse wissen wir, dass auch Einzelteile für Pistolen und Schallplatten mit solchen Geräten gedruckt werden können. Nichts was es nicht auch zu kaufen gäbe – doch erkennt man erst auf die zweiten Blick das revolutionäre daran: Der Lampenschirm ist eben keine Kopie eines Lampenschirmes aus dem Laden nebenan, sondern etwas selbst entworfenes. Hund, Katze und der Kanarienvogel des Bauernhofs sind, so wird mir versichert, die digitalisierten Abbilder der Haustiere des Druckerherstellers. Und die Büste zeigt keinen Ludwig van Beethoven oder Johann Wolfgang von Goethe, sondern den Händler der vor mir steht. Zwar gibt es auch gedruckte Modelle des Eiffelturms und sogar ein Modell des Atomiums in Brüssel zu sehen, aber solche “Objekte von der Stange” haben hier eher Seltenheitswert. Hier, das ist eine 3D-Drucker-Messe, auf der sich die kleinen der Branche treffen um Erfahrungen auszutauschen und ihre Produkte an Endanwender zu bringen.
Schaut man sich um sind verschiedene Professionalisierungsstufen zu beobachten: Geschlossene Geräte, kaum größer als eine Colakiste, offene Kästen mit stabilen Kanten sowie vollständig offene Drucker die eine gewisse Ähnlichkeit mit Strickmaschinen aufweisen. Teile der Drucker, so zum Beispiels einige Zahnräder, wurden selbst auf 3D-Druckern ausgedruckt. Auch kurze Streben und Halter der Schrittmotoren sowie das kleine Gehäuse in dem die Steuerung sitzt zeigt das charakteristische Streifenmuster, das nach dem Druck oft auf der Oberfläche bleibt.
Die Technik der 3D-Drucker ist heute ungefähr dort, wo die Nadeldrucker Mitte der 80-er Jahre waren: Auf dem Sprung zum Endanwender, aber noch weit davon entfernt “out of the box” zu funktionieren. Noch hat sich keine Technik herauskristallisiert die einmal den Markt beherrschen wird: ABS-Kunststoff als Druckmaterial auf großen Spulen oder in Stangenform? Oder doch Polymilchsäure, das bei niedrigeren Temperaturen im Schichtverfahren aufgebracht werden kann und dazu noch preisgünstiger ist – sich aber aus naheliegenden Gründen nicht für Trinkbecher oder Kinderspielzeug eignet. Der einzige Standard der zu existieren scheint ist das Dateiformat, in dem der PC das zu druckende Objekt zum Drucker überträgt: hier verstehen alle Drucker das STL-Format. Allerdings erlaubt dieses Format nur einfarbige Ausdrucke. Wie beim Druck auf Papier auch wird die Entwicklung in Richtung des Mehrfarbdruckes gehen und dann entweder Erweiterungen des STL-Formats erfordern oder die Verwendung einer ganz neuen Beschreibungssprache für die Drucker. Was auf jeden Fall heute schon funktioniert ist die problemlose Verbindung des Druckers mit dem PC. Dank USB-Anschluss wird der Drucker unter den gängigen Betriebssystemen sofort erkannt und kann dann, die passende Software vorausgesetzt, wie ein konventioneller Drucker benutzt werden.
Bei der Software selbst liegt derzeit die vielleicht noch größte Hürde. Wer nur fertige STL-Dateien aus dem Netz drucken will ist relativ fein raus: Größe des Objektes festlegen, den Füllgrad bestimmen und über “Datei | drucken” starten. Sollen jedoch eigene Objekte entworfen werden ist die Beschäftigung mit der Funktionsweise der Software im Speziellen und 3D-Konstruktionen im Allgemeinen unabdingbare Voraussetzung für den Erfolg. Immerhin gibt es viele Open-Source-Programme für die Konstruktion, sodass die Gefahr für viel Geld ein schlechtes Programm zu kaufen entfällt.
Sind diese Hürden genommen wird es zur zu überlegen was nun eigentlich gedruckt werden soll. Das Modell des oben erwähnten Eiffelturms gibt es im Spielzeugladen für einen Bruchteil des Preises der für den Ausdruck anfällt. Denn ABS-Kunststoff für Drucker ist teuer, derzeit fallen ca. 35€ pro kg an. Industrielle Spritzgussherstellung ist hier ungleich günstiger und dazu auch schneller, denn der 3D-Drucker ist einige Stunden beschäftigt ein nur mittelgroßes Objekt zu drucken. Und kostet in dieser Zeit auch Strom! Auf der anderen Seite: Bricht heute ein Plastikgriff zu einer Schublade oder einer Schranktür ab fallen auch hohe Kosten für einen Artikel an, der nur wenige Cent wert ist. Denn entweder fallen Portokosten oder Benzinkosten für die Ersatzteilbestellung an. Aber handelt es sich nicht um einen Schubladengriff sondern um etwas, für das jede noch so kurze Lieferzeit zu lang ist, beispielsweise wichtige Teile einer Kaffeemaschine, ist der Ausdruck zuhause plötzlch doch eine Option, trotz der entstehenden Kosten.
Genau an dieser Stelle kommt dann das Urheberrecht ins Spiel. Niemand der bei Verstand ist würde unter normalen Umständen etwas ausdrucken das anders billiger zu beschaffen ist. Anders kann es dort aussehen wo der Eindruck entstehen soll es handele sich um ein seltenes oder wertvolles Original. Genau das sind die Themengebiete, mit denen Forderungen nach einer Regulierung des 3D-Druckermarktes unterlegt werden. Doch ähnlich wie noch keine Blaue Mauritius auf dem Tintenstrahler gefälscht wurde kann man davon ausgehen, dass auch keine Schlumpffiguren oder Armani-Halsbänder ausgedruckt werden. So entlarvt sich das Geschrei schnell als Alarmismus oder den Versuch Anwälten zusätzliche Einnahmen und weitere Arbeitsplätze und zu bescheren. Die ausgedruckte Schallplatte, sie soll nicht unerwähnt bleiben, gibt es ja nicht mehr zu kaufen, sodass der Ausdruck sicher gegen Gesetze verstößt (Anmerkung am Rand: im Juni 2013 beschloss der Bundestag die Ausweitung der Schutzfrist für Tonaufnahmen von 50 auf 70 Jahre), aber niemandem ein Schaden oder eine Mindereinnahme entsteht. Was die Waffenteile aus dem 3D-Drucker betrifft gilt das oben beschriebene: Gerade in den USA lassen sich diese Einzelteile mit deutlich weniger Aufwand besorgen. So gesehen ist der Ausdruck einer Pistole nur ein Proof of Concept, jedoch nichts für den Alltag.
Unabhängig davon ob Lobbyisten in Berlin vorstellig werden um Gesetze zu erwirken um den Ausdruck von Wanddübeln und bunten Spielzeugklötzchen zu verbieten: Die wahre Stärke von 3D-Druckern liegt im Druck von Gegenständen die es so nicht gibt. Der Kugelschreiber, der besonders gut in meiner Hand liegt, das Ersatzteil, das anders nicht mehr zu beschaffen ist, etwas, das schnell benötigt wird oder möglichst individuell sein soll. Alles andere regelt sich über den Preis.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.