Die AfD startete mit einem „Nein zum Euro“ und entwickelte sich zur „Demokratie geht nur national“-Partei, die im EU-Parlament einer gemeinsamen Fraktion mit dem rechtsradikalen Front National aus Frankreich, der Bewegung des Islamkritikers Geert Wilders aus den Niederlanden und der United Kingdom Independence Party die Großbritannien aus der EU lösen will.
Hinter dem Slogan „Mut zur Wahrheit“ wird kräftig ausgeteilt und über alternative Demokratiemodelle nach Art des Hauses nachgedacht. Die politische Verwirrung in der Partei der mehrheitlich grauhaarigen alten Männer reicht von „den Inaktiven und Versorgungsempfängern das Wahlrecht abzuerkennen […]“ (Konrad Adam), Hermann Behrendt der ‚das Parlament abschaffen möchte, weil es nicht mit harter Hand gegen “Arbeitsscheue” und “Migration der Falschen” vorgeht‘ bis zu Charles Blankart mit seiner Äußerung „Weimar ist nicht an der direkten Demokratie gescheitert, sondern an der parlamentarischen Demokratie, als die Reichstagsmehrheit am 23. März 1933 Hitlers Ermächtigungsgesetz billigte“. Dabei ist der AfD die Gedankenwelt Hilters gar nicht so fremd, wie es bei Blankart klingt, bekommt sie doch viel Zustimmung von der extremen Rechten, die von Anfang an die Basis der AfD bildete.
Die AfD kann nichts dafür, dass sie Applaus von Rechtsradikalen bekommt. Sie ist jedoch durchaus für die Forderungen und Äußerungen verantwortlich, für die sie diese Zustimmung erhält. Sei es vom „Mangel an nationaler Interessenvertretung in der deutschen Außenpolitik seit 1945 “ (Alexander Gauland) bis zu Peter Ziemann’s „Der heutige Sozialismus, der sich Demokratie schimpft, muss das gleiche Schicksal wie der Ostblock vor 20 Jahren erleiden. Nur so können wir die satanischen Elemente der Finanzoligopole von den westlichen Völkern wieder abschütteln, die wie die Zecken das Blut der Völker aussaugen und die Körper mit tödlichen Bakterien verseuchen.“
Wer bei derartigen politischen Verwirrungen bis in die Führungsspitze hinein auf die Idee kommt, die AfD als „Alternative für Nazis“ zu bezeichnen, kommt dabei schnell an die Grenze von dem, was man laut AfD „doch mal sagen dürfen muss“. 2013 hatte die AfD noch versucht, einen Flyer der Jungen Piraten mit dem Mittel des Presserechts zu verhindern, und unterstellte den JuPis unwahre Behauptungen. 2014 versucht die AfD mit Hilfe des Urheberrechts die Bezeichnung als „Alternative für Nazis“ zu verbieten. Der Betreiber der Facebookseite Kann dieser Mett-Igel mehr Fans als Frei.Wild haben? bekam eine Mail, in der juristisch etwas unbeholfen eine Unterlassungsklage angedroht wird.
Anderenfalls wird unsere Rechtsabteilung sich gezwungen sehen, den Schutz des Namensrechts gemäß § 12 des Bürgerlichen Gesetzbuches sowie den Schutz des geistigen Eigentums gemäß § 1004 des Bürgerlichen Gesetzbuches mittels einer Unterlassungsklage zu erzwingen. Den Ersatz des durch die widerrechtliche Nutzung entstandenen Schadens behält die Partei sich vor.
Wir fragten den so deutlich Ermahnten, ob er auf die Drohung reagieren will.
Flaschenpost: Warum betreibst Du die Seite „Kann-dieser-Mett-Igel-mehr-Fans-als-FreiWild-haben“?
Antwort: Weil diese Band in der Neonazi-Szene weit verbreitet und beliebt ist und ich dies mit den Mitteln der Satire kritisieren möchte.
Die Texte von Frei.Wild sind nationalistisch und völkisch geprägt und nutzen antisemitische Stereotypen, wie z.B im Lied “ Gutmenschen und Moralapostel“.
Flaschenpost: Und was hat das jetzt mit der AfD zu tun?
Antwort: Nach Außen geben sich prominente Mitglieder dieser sog. Partei gerne spießig/bürgerlich, aber die Forderungen und Machenschaften passen ganz und gar nicht dazu. Bestes Beispiel dafür ist das Mitglied des Bundesvorstandes Konrad Adam mit seiner Forderung, das Wahlrecht für Rentner und sozial Schwache abzuschaffen. Gedanklich, geistig, und politisch bewegt sich die Partei im 19. Jahrhundert, das Zwei-Klassenwahlrecht ist da nur ein Beispiel. Diese Leute werben intern offen mit ihren antidemokratischen Ideen und werden auch dafür in Ämter gewählt. Bei vielen Landesverbänden sitzen oder saßen ehemalige Mitglieder der rechtsradikalen Partei „Die Freiheit“ in den Vorständen. Wenn man sich die Foren oder die Facebook-Seiten anguckt, die Aussagen aus dem Sympatisantenkreis und der Führung, sieht man sehr deutlich, dass es sich um Rechtsradikale handelt.
Flaschenpost: Kannst Du das genauer ausführen?
Antwort: Auf der offiziellen Facebookseite der AfD findet man immer wieder Kommentare wie diese Morddrohung gegen Politiker oder Beschimpfung anderer Politiker als Faschisten. Bei Wahlkampf-Aktionen ist es auch nicht besser, das sind keine Einzellfälle sondern die Regel.
Flaschenpost: Das hat Dich dann bewogen, dieses Motiv zu veröffentlichen?
Antwort: Ja, ich wollte dem etwas entgegensetzen. Mittlerweile hat die Partei sich als eine Alternative für Ex-Freiheits-Mitglieder und ehemalige Republikaner etabliert.
Flaschenpost: Hast du mit solch einer Reaktion gerechnet?
Antwort: Nein, damit, dass man mir eine Unterlassungsklage androht, nicht. Für eine Partei die immer behauptet, sie würde gegen eine vermeintliche Meinungsunterdrückung ankämpfen, ist das absurd – es geht ihr offensichtlich nur um die eigene Meinung, die unterdrückt würde. Anstatt sich der Kritik zu stellen, versucht man Blogger und Satire-Seiten einzuschüchtern oder mundtot zu machen. Online-Pranger für kritische Journalisten gibt es aus dem Umfeld der AfD schon länger.
Flaschenpost: Wirst Du auf die Forderungen eingehen und das Bild entfernen?
Antwort: Nein, das werde ich nicht. Ich lass mir nicht den Mund verbieten. Diese miesen Methoden muss man öffentlich machen.
Ob die AfD mit ihrer Auslegung des Urheberrechts ein Gericht überzeugen kann, ist derzeit unklar. Denn Verfremdungen politischer Embleme finden sich im Netz in großer Anzahl; meist werden sie als Satire verstanden. Dazu kommt erschwerend: Das AfD-Parteilogo weist eine große Ähnlichkeit mit dem Emblem von Elbe-Recycling aus Wedel auf. Und ob die Mail tatsächlich von der AfD kommt oder „nur“ von einem Anhänger, der sich wichtig machen will, ist ebenfalls nicht geklärt. Gegen eine offizielle Mail spricht deren Sprachduktus und planloses Herumzitieren in unterschiedlichen Gesetzen. Kaum zu glauben, dass die Mail von einem Juristen stammt. Erfahrungsgemäß beschäftigt die AfD allerdings ein paar Profis. Ob die Entscheidung mit dem Urheberrecht zu argumentieren, statt falsche Tatsachenbehauptungen zu unterstellen, von diesen Juristen kam, war nicht zu erfahren.
Was die JuPis seit 2013 nicht mehr sagen dürfen, nämlich „Die AfD bekennt sich zu Homophobie“ und „Die AfD möchte Errungenschaften der EU wie die freie Wahl des Wohn- und Arbeitsplatzes abschaffen, die in der Europäischen Union garantiert sind“, gehört inzwischen zum offenen Sprach- und Forderungskatalog der AfD. Ein Richter würde heute wohl anders über die Warnungen der JuPis denken.