Beim BPT in Halle wird nicht nur ein neuer Vorstand gewählt. Bevor der Parteitag überhaupt los gehen kann muss auch ein Versammlungsleiter gewählt werden. Wir schickten allen Bewerbern auf diese wichtige Positionen eine Liste von Fragen. Denn was für die Bewerber für die einzelnen Vorstandsposten gilt hat auch für Versammlungsämter seine Richtigkeit: je früher, ausführlicher und intensiver man sich über die einzelnen Bewerber informieren kann, umso passender fällt die Wahl aus. Einzig von Maik Saunus kam eine Antwort auf unsere Fragen.
Flaschenpost: Magst du dich kurz vorstellen?
Maik Saunus: Mein Name ist Maik Saunus, ich bin technischer Fachwirt, 40 Jahre alt und Mitglied im KV Celle, der zum LV Nds. gehört. Ich kandidiere als Versammlungsleiter, weil ich es kann, also sowohl kandidieren als auch den Job als VL. Und weil ich von verschiedenen Personen darum gebeten wurde.
Flaschenpost: Hast du schon grosse Versammlungen geleitet?
Maik Saunus: Im Laufe der letzten zwei Jahre habe ich mehrere LPTs/LMVs und AVs auf Landesebene geleitet, z.B. Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Hessen. Ich hab auch einige Male Wahlleitung gemacht. Das Highlight war da die Schweizer Vollversammlung.
Flaschenpost: bringst du ein ganzes Team mit, oder soll es sich beim aBPT finden?
Maik Saunus: Man muss sich zu einem Bundesparteitag als Team vorbereiten und gemeinsam antreten, etwas anderes macht keinen Sinn. Ein BPT ist ungleich komplexer als ein LPT, wo es zur Vorbereitung meist mit ein paar E-Mails und einigen Telefonanrufen getan ist. Das Team war – in leicht anderer Zusammmensetzung – schon in Bremen angetreten. Inzwischen sind ein paar neue Leute dazugestoßen, und einige haben seitdem noch mehr Erfahrungen sammeln können. Im Grunde bereiten wir uns seit dem Rücktritt der drei BuVo-Mitglieder vor, da wir bereits damals angesprochen und gebeten wurden, für den vorauszusehenden außerordentlichen BPT ein Team aufzustellen.
Flaschenpost: Sortierst du dich bzw. wirst du von anderen in einen bestimmten Flügel der Partei eingeordnet?
Maik Saunus: Ich mag diese Einteilungen nicht, aus zweierlei Gründen: Einerseits gibt es nirgendwo eine sinnvolle und schon gar nicht offizielle Definition dieser gefühlt existierenden Flügel; andererseits bin ich kein Anhänger einer bestimmten Ideologie, was ich übrigens immer noch für piratentypisch halte. Ich will Politik machen, basierend auf dem, was ICH für richtig halte. Und ich bin sogar in der Lage, meine Meinung zu ändern, und das auch entsprechend zu begründen. Abgesehen von meiner Selbstwahrnehmung gehe ich aber davon aus, dass es sicher Menschen gibt, die mich einem Flügel zuordnen.
Tja, wie bleibt man neutral? Das ist eigentlich gar nicht so schwer. Es gibt einen Job zu erledigen, da hält man sich einfach an alle Vorgaben (Gesetze, Satzung, GO) und man versucht alle Personen gleich zu behandeln. Und sollte man erkennen, dass man es mal nicht kann, dann kann man immer an jemand anders übergeben. Darum sind wir ja ein Team.
Ich selbst muss eher aufpassen, dass ich bei „Verfehlungen“ von Freunden nicht härter zulange als bei Fremden, die mein Naturell ja nicht einschätzen können. Bei Menschen, die ich gut kenne, erwarte ich unbewusst, dass sie wissen, wie der Hase läuft. Mich gut zu kennen, könnte also eher von Nachteil als von Vorteil sein.
Flaschenpost: Hast du einen Entwurf für eine Tages- und eine Geschäftsordnung?
Maik Saunus: Wir arbeiten mit Michael Ebner, dem Front- und Backoffice und verschiedenen anderen eine gemeinsame Geschäftsordnung aus. Die Beratungen finden öffentlich im Mumble statt und die Ergebnisse werden auf der entsprechenden Wiki-Seiten veröffentlicht. Dadurch hoffen wir einen Kompromis zu finden, mit dem alle Beteiligten leben und arbeiten können und womit uns allen weitere plötzlich und kurz vor Schluss eingereichte GO-Vorschläge erspart bleiben.
Es ist Zeitverschwendung und überfordert die Versammlung, wenn sie gleich zu Beginn mehrere seitenlange GO-Vorschläge miteinander vergleichen muss.
Zur TO kann ich erstmal weniger sagen. Die vorläufigen aBPT- und BPT-Tagesordnungen stehen im Wiki und sind im Moment ausreichend. Aber ich gehe davon aus, dass es noch Vorschläge geben wird, wo wir dann ebenfalls versuchen werden, einen Kompromiss zu erarbeiten. Aber schlussendlich entscheidet die Versammlung.
Flaschenpost: Was glaubst du wie lang es dauern wird, bis der 1. Vorsitzende fest steht?
Maik Saunus: Dazu kann und will ich keine Angabe machen, letztendlich hat die Versammlung einen großen Anteil daran wie der Ablauf sich verzögert oder aber halt auch nicht. An dieser Stelle möchte ich alle Teilnehmer darum bitten, sich im Vorfeld mit allen Aspekten der Versammlung zu beschäftigen. Schaut euch vor allem die GO, die Kandidaten und das Antragsportal genau an.
Flaschenpost: Wie stehst du zu dem Alex-Müller-Verfahren zur Festlegung der Antragsreihenfolge?
Maik Saunus: Gegenfrage: Kennst du das ELWS System, das wir in Niedersachsen dafür verwenden?
ELWS ist eigentlich eine verbesserte Variante des Alex-Müller-Verfahrens, von daher wäre die Antwort: Alex-Müller-Verfahren ist gut, ELWS ist besser. Bei unserem letzten Programmparteitag in NDS konnten die Teilnehmer die Zettel vorab herunterladen, ausdrucken und ausfüllen. Dann gaben Sie die Zettel bei der Akkreditierung ab, diese wurden eingescannt und elektronisch ausgewertet. Obwohl das einer alleine gemacht hat, ging das recht flott. Wenn man das entsprechend vorbereitet, kann man das auch auf BPTs einsetzen, da es keinen Zeitverlust bedeutet. Denn die Verarbeitung kann während der ersten TO-Punkte (Eröffnung, Begrüßung und Gastreden, Wahl der Versammlungsämter, Zulassung von Presse, Gästen, Streaming, Ton- und Filmaufnahmen, Beschluss der Tages- und Geschäftsordnung) abgeschlossen werden.
Flaschenpost: Wie hältst du es mit Flaggen oder Schildern/Aufstellern/Flyern/wasauchimmer von Organisationen die nicht offiziell zur Partei gehören?
Maik Saunus: Was gehört den „offiziell“ zur Partei? Eine Flagge der Grünen Jugend, die auf dem BPT in Neumarkt als eine Jugendorganisation der PP anerkannt haben? Oder eine Flagge wo auch ein Emblem der Jupis mit aufgedruckt ist?
Aber ernsthaft, die Frage stellt sich mir nicht. Die Versammlung entscheidet grundsätzlich, wie sie nach innen und nach außen wahrgenommen werden möchte. Solange es keine klaren Vorgaben vom BPT selbst oder einer von ihm beauftragten Instanz gibt, muss die Versammlungsleitung beim geringsten Zweifel über Flaggen usw. abstimmen lassen. Wenn das aus Zeitgründen gerade nicht geht, dann wird nichts aufgehängt, aufgestellt, verteilt oder wasauchimmer, was nicht einzig und allein und eindeutig etwas ist, das die Piratenpartei repräsentiert.
Flaschenpost: Wie chaotisch wird es deiner Meinung nach werden?
Maik Saunus: Wir bereiten uns auf einen Höllenritt vor. Aber im Ernst: Wie chaotisch es wird, lässt sich im voraus nie sagen. Versammlungen können schnell eine Eigendynamik entwickeln, da muss man flexibel und spontan darauf reagieren und kann sich nur allgemein darauf vorbereiten. Wir haben die GO im Vergleich zur letzten etwas gelockert, was gewissermaßen eine Arbeitserschwernis für die VL bedeutet. Aber sie gibt der Versammlung mehr Möglichkeiten und wir hoffen, dass die Teilnehmer das zu schätzen wissen. Ein allzu straffes Korsett kann gerade zu der „Gegenwehr“ führen, die man ja eigentlich vermeiden möchte. Die Versammlung geschickt durch eine GO einzuschränken, nur damit man als VL „seine Ruhe hat“, ist für mich nicht akzeptabel. Falls einzelne Teilnehmer das zum Negativen ausnutzen, kann die Versammlung dies durch GO-Änderungen wieder in den Griff bekommen, notfalls muss die VL einschreiten. Mit Störungen gehe ich immer unterschiedlich um, kommt ganz auf die Störung an und das kann ich nicht pauschal beantworten. Mal abgesehen davon sind wir ein Team, ich bzw. wer auch immer gerade die Versammlung leitet, kann sich mit dem Team beraten.
Flaschenpost: Du bist nicht der einzige Kandidat für diesen Posten. Kannst du dir vorstellen mit den anderen Bewerbern zusammen ein VL-Team zu bilden?
Maik Saunus: Ich habe schon bei vielen VL- und WL-Teams mitgemacht und ich arbeite prinzipiell mit jedem zusammen, der auch mit mir arbeiten will. Aber schon vom Gesetz her muss es einen Menschen geben, der den Hut aufhat und der während der gesamten Versammlung die Verantwortung trägt. Solange das eindeutig geklärt ist, kann ich mir einiges vorstellen.
Flaschenpost: Danke, viel Erfolg dort, und viel Spass!
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.