Um sich ein Gesamtbild machen zu können, lohnt es den Ablauf einer Prüfung von Computerspielen zu kennen, denn dies ist ein vielschichtiger Prozess.
In Deutschland gibt es, vom rechtlichen Standpunkt her, keine Zensur. Was wir als Zensur verstehen, ist eine sogenannte „Vorzensur“, also ein Eingreifen bevor ein journalistischer Artikel, ein Film oder ein Computerspiel produziert oder veröffentlicht wurde. In Deutschland wird aber eine sogenannte „Nachzensur“ angewandt. Das heißt eine Prüfstelle darf nur aufgrund vorhandener Veröffentlichungen tätig werden und darf nur den Zugang für Jugendliche einschränken. Dass dies vielfach trotzdem zu einer faktischen Zensur führt, liegt an vielen Gründen, diese sind aber nicht alle dem Staat anzulasten.
Seit der Novelle des Jugendschutzgesetzes von 2003 ist in Deutschland die Freiwillige Selbstkontrolle Unterhaltungssoftware GmbH (USK) in Berlin für die verbindliche Beurteilung von Spielen und anderer Unterhaltungssoftware zuständig. Die USK ist tatsächlich keine staatliche Einrichtung, denn sie wird federführend von den Verbänden Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V. (BIU) und Bundesverband der Entwickler von Computerspielen G.A.M.E. e.V. betrieben. Es sitzt jedoch bei den jeweiligen Ländervertretungen der USK ein Vertreter der Obersten Landesjugendschutzbehörden, die abschließend die rechtsverbindliche Einstufung aussprechen.
Der Prüfprozess erfolgt in drei Stufen. Zunächst werden die eingereichten Spiele von den sogenannten „Sichtern“ durchgespielt. Diese bewerten bei der Sichtung, zusammen mit zusätzlich eingereichtem Material wie Presseerklärungen, Storyboards und anderen klärenden Schriften, das vorliegende Spiel und sortieren dabei kritische Spielpassagen und fragwürdige Storyabschnitte aus. Dies können zum Beispiel gewaltverherrlichende Szenen sein oder exzessive übermäßige Gewalt oder Szenen sexueller Natur und so weiter. Dabei wird ein sogenannter Katalog des gesellschaftlichen Konsens angewandt. Dies führt dazu, dass zum Beispiel in Europa Gewaltszenen wesentlich kritischer beurteilt werden als in den USA, wohingegen Szenen sexueller Natur in Europa wesentlich liberaler gesehen werden als in den USA.
Das Ergebnis der Sichtung wird dem Gutachtergremium vorgelegt. Dieses setzt sich aus Pädagogen, Journalisten, Sozialwissenschaftlern und Jugendbeauftragten zusammen, die einerseits unabhängig sind, also nicht Angestellte der USK, aber andererseits sich sehr wohl mit dem Bereich der Unterhaltungssoftware auskennen. Diese bewerten die von den Sichtern vorgelegten Passagen und können diese auf Wunsch sogar selber noch einmal durchspielen. Dieses Gremium erlässt daraufhin eine Empfehlung für die Altersfreigabe oder eben die Verweigerung der Altersfreigabe. Der Vertreter der obersten Landesjugendschutzbehörde spricht normalerweise aufgrund dieser Empfehlung dann die Alterseinschränkung aus.
Auch dies ist noch keine Zensur, denn eine Verweigerung der Altersfreigabe bedeutet nur, dass die entsprechenden Spiele nicht an Personen unter 18 Jahre abgegeben werden dürfen. Was übrigens auch für alle Unterhaltungsmedien gilt, die sich nicht der USK-Prüfung stellen. Diese Spiele dürfen dennoch verkauft werden und können auch beworben werden, es muss nur sichergestellt sein, dass eine Abgabe an Jugendliche unterbunden ist. Viele Softwarehändler und Videotheken nutzen dies für sogenannte Grauimporte oder eben für den Handel mit USK-18-Spielen.
Der kritische Punkt ist jedoch: Alle Titel, die eine USK-18 Einstufung oder eben überhaupt keine Einstufung haben, können von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien auf den sogenannten „Index“ gesetzt werden. Diese Liste enthält alle Medien, die in Deutschland nicht öffentlich aufgelegt oder beworben werden dürfen. Diese Medien sind durchaus für Personen über 18 käuflich zu erwerben und auch legal zu besitzen, es besteht jedoch schlicht und ergreifend das Hindernis, dass ein Kunde aktiv auf einen Händler zugehen muss und von seiner Seite aus den Kauf initiieren muss.
Viele Software- und Spielehersteller bzw. Publisher fürchten diesen Aufwand und gehen deshalb auf Nummer sicher und produzieren speziell für den deutschen Markt Versionen, die nicht in das USK-18 Rating fallen. Da vielfach dieselben Versionen, die für Deutschland produziert werden, auch in Österreich oder der Schweiz vertrieben werden, ist es für die dortigen Händler nicht möglich eine „uncut“-Version in Deutsch anzubieten.
Natürlich ist das Verfahren der Indizierung kritisch zu sehen und wir Piraten setzen uns dafür ein, dass es einerseits transparenter wird und andererseits es für Personen über 18 nicht so eminent schwer ist, einen entsprechenden Titel zu erwerben. Dazu muss man wissen, dass das sogenannte „Bewerbungsverbot“ in einer Zeit formuliert wurde, als der Kauf über Internet oder andere Plattformen noch in weiter Ferne lag. Hier muss definitiv eine Anpassung erreicht werden, die dem derzeitigen Stand der Technik entspricht.
Fairerweise muss jedoch gesagt werden: Die oft empfundene Zensur findet überwiegender Weise bei den Herstellern bzw. Publishern statt, die aus Furcht vor potentiellen Gewinneinbußen eine übertriebene Selbstzensur betreiben. Das ist übertrieben, denn das Verfahren zur Indizierung von Medien ist sehr komplex und recht schwierig und bisher wurde nur sehr selten ein Spiel, dass die Einstufung USK-18 erhielt auch wirklich indiziert. Hier folgt die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien dem Urteil der USK und vertraut darauf, dass indizierungswürdige Medien von der USK selber gemeldet werden würden. Entsprechend sind bisher kaum Medien, jedenfalls seitdem der offizielle Prüfauftrag für die USK im Jugendschutzgesetz verankert ist, indiziert worden, die von der USK als „Ohne Altersfreigabe“ eingestuft wurden.