Droht uns PIRATEN Gefahr von den Alten? Der SPIEGEL und andere Medien wie die FAZ berichten, dass Mitglieder des sozialliberalen Flügels der FDP sich abspalten und eine eigene neue Partei gründen wollen. Details sind noch nicht bekannt, doch für uns PIRATEN ist es eine delikate Angelegenheit. Wir sehen uns als sozialliberale Partei und haben ein junges Profil. Doch die Bevölkerung ist überwiegend im reiferen Alter, viele unserer jungen Ideen und Vorgehensweisen werden von den Medien und den Wählern als irritierend gesehen. In der Berichterstattung kommen wir derzeit nicht häufig vor, und die Reichweite des Internets ist in Deutschland bei älteren Menschen nicht so sehr gegeben, wie wir es uns wünschen. Wenn Angela Merkel davon redet, dass das Internet „Neuland“ ist, lachen wir hämisch und übersehen gerne, dass ihr viele Menschen auch zustimmen. Wir sind „digital natives“ und mit den PIRATEN versucht unsere Generation jetzt erstmals selbstständig die politische Bühne der Republik zu betreten. Dabei konzentrieren wir uns auf Netzthemen, was auch daran liegt, dass unsere Partei männlich dominiert und stark im technischen Bereich verwurzelt ist. Wenn auf der Mailingliste NRW nach dem Skandal um den Laptop, von dem die BILD berichtete, dass hier auf einem Landtagsrechner ein „Hackingtool“ installiert worden war, vor allem Diskussionen um technische Gegebenheiten der Sache dominieren und kaum die politischen Dimensionen behandelt werden, dann muss man sich fragen, ob wir Probleme haben, politische Fälle zu analysieren und in ihrer sozialen und politischen Dimension einzuordnen. Ebenso ist die Frage, ob die bisherigen Wege reichen, unsere Ideen und Lösungen in die Gesellschaft zu bringen unbeantwortet. Wenn PIRATEN die „Hofberichterstattung“ zum Regierungsgeschehen in Medien kritisieren, so ist dies zu kurz gedacht, da die Medien trotz aller berechtigter Kritik immer noch einen Großteil der Bevölkerung informieren, beeinflussen und damit auch gut ankommen.
Viele schlussfolgern aus dem arabischen Frühling, dass sich mit Twitter Politik machen lässt. Doch in Deutschland sind nicht so viele auf Twitter. Dies liegt auch daran, dass viele Informationen relativ frei über die Medien zu bekommen sind. In Deutschland herrscht trotz der fortschreitenden Medienkonzentration Meinungspluralismus oder zumindest wird dieser noch nicht als so gefährdet wahrgenommen, dass viele sich auf Twitter und Facebook politische unabhängige Informationen holen müssten. Die Demographie spricht auch im Wahllokal gegen unsere Partei. Ein Blick auf die Bevölkerungspyramide zeigt, dass es so viele junge Bürger nicht gibt. Dazu kommt die weitreichende Entpolitisierung dieser Generation, die zu einer grossen Nichtwählerschaft führt. Die älteren Menschen bestimmen die Politik. Ihr beherrschendes Thema ist die Rente. Dies sieht man auch in der Werbung, wo verstärkt um die finanzkräftigen älteren Menschen geworben wird. Ihre Ängste und Wünsche kommen verstärkt in der Politik an, folgerichtig werden für sie maßgeschneiderte Lösungen in Gesetze gegossen.
Wir wollen auch unserer Generation eine Stimme geben, doch brauchen wir die Erfahrung und Ideen der älteren Generation, um unsere Agenda weiter in die Gesellschaft hinein zu tragen. Es wäre zynisch, die Parole auszugeben, dass wir eines Tages auf „natürlichem Weg“ in der Mehrheit sein werden. Denn bis dahin werden viele politischen Entscheidungen nicht in unserem Sinne beeinflusst sein. Die anstehende Gründung einer zweiten sozialliberalen Partei ist ein Rückschlag für das Projekt PIRATEN. Wir haben es nicht geschafft, für enttäuschte FDP-Wähler und -Mitglieder zum Auffangbecken zu werden und den sozialliberalen Flügel der FDP für uns zu gewinnen. Doch wir sollten diese Entwicklung einer neuen sozialliberalen Partei kritisch und aufmerksam beobachten. Selbst wenn beide Parteien ähnliche Ziele formulieren und um die gleiche Klientel werben, wird die angesproche Zielgruppe sich alleine schon im Alter unterscheiden. Daher wäre es gut, wenn man früh überlegt, wie wir auf diese Herausforderung reagieren können. Eine Kooperation oder andere Formen der politischen Zusammenarbeit wären sicher überlegenswert. Die Zeit wird zeigen, ob Platz ist für eine sozialliberale Partei alter Prägung und eine für jüngere Menschen.