Stefan „Sekor“ Körner wurde in Halle zum 1. Vorsitzenden gewählt. Die Wahl gefiel nicht jedem. Neben Kritik an einem „Rechtsruck“ der Piratenpartei konstituierten sich progressiv Orientierte in der Progressiven Plattform. Danach war, neben den inzwischen üblichen Beschimpfungen und Unterstellungen, Ruhe.
Doch drei Monate nach dem Bundesparteitag überschlagen sich die Ereignisse in der Piratenpartei mit zahlreichen Austritten und einem fast geplatzten Landesparteitag . Wir fragten Stefan Körner nach seiner Einschätzung zur Lage der Piraten.
Flaschenpost: Hallo Stefan, du warst gerade beim Landesparteitag in Hamburg. Wie war’s?
Sekor: Der Landesparteitag – also eigentlich die Aufstellungsversammlung für die Liste zur Bürgerschaftswahl im Februar – der Piraten in Hamburg war sehr ruhig und gelassen und ausgesprochen erfolgreich. Es wurde eine sehr gute Liste aufgestellt, auf der nach meinem Gefühl alle Strömungen, die sich in der Hamburger Piratenpartei ausmachen lassen, gut vertreten sind.
Auch die Gespräche, die wir am Freitagabend und am Rande der Veranstaltung führten, gaben uns ein sehr zuversichtliches Gefühl für den anstehenden Wahlkampf.
Flaschenpost: Am Samstag waren acht Vorstandsmitglieder im Hamburg, weil die, die eigentlich zum Landesparteitag nach Bremen fahren wollten, mit einem Hausverbot ausgeschlossen wurden. Wie kam das?
Sekor: Ja, nachdem Kristos und ich aus Greifswald von einem Besuch der Landesmitgliederversammlung in Mecklenburg-Vorpommern zurück waren, war der Bundesvorstand (BuVo) in Hamburg tatsächlich bis auf Bernd komplett anwesend. Das hatte mit dem vom Landesvorstand (LaVo) Bremen tatsächlich beschlossenen Hausverbot für die Mitglieder des BuVos allerdings nichts zu tun.
Flaschenpost: Letztlich kamt ihr in Bremen aber doch rein?
Sekor: Es erschien uns sinnvoll, das Thema nicht zu eskalieren. Wir sind deswegen – wie es eh geplant war – am Samstag nicht nach Bremen gefahren. Ich habe allerdings den Landesparteitag (LPT), das oberste Organ der Piraten in Bremen, gebeten, den Beschluss des LaVos zu widerrufen. Stattdessen haben wir wie angekündigt den LPT Bremen am Sonntag besucht und konnten dem neu gewählten Landesvorstand zur Wahl gratulieren und unsere Unterstützung für den anstehenden Wahlkampf zusichern.
Flaschenpost: Christopher Lauer nahm eine geplante Ordnungsmasnahme zum Anlass für seinen Austritt. Damit wurde ein Dominoeffekt ausgelöst: Anne Helm und Oliver Höffinghoff gaben ihren Austritt bekannt, Sebastian Raible, erster Vorsitzender in Bremen, kündigte seinen Austritt an, nachdem er nicht wieder gewählt worden war, und auch Anke Domscheit-Berg, die bereits in Halle ihre Mitgliedschaft als unglückliche Beziehung bezeichnete, trat aus. Damit verlieren wir bekannte Gesichter, die die Wahrnehmung der Piratenpartei prägten.
Sekor: Ja, es sind ein paar Mitglieder ausgetreten, die in der Tat mit ihren Fähigkeiten an der einen oder anderen Stelle fehlen werden. Auf der anderen Seite haben wir aber in den letzten Jahren immer wieder Mitglieder verloren, die in ihrer aktiven Zeit für die Piraten sehr viel getan haben. Ich glaube, ein Kommen und Gehen von mitunter auch prominenten Mitgliedern gehört zum Wesen einer Partei. Überraschend finde derzeit vielleicht aber, mit wie laut knallenden Türen sich der Eine oder Andere von den PIRATEN abwendet.
Flaschenpost: Verlieren wir Piraten damit unser soziales Gewissen?
Sekor: Nein, das sicher nicht. Wir sind eine Partei, in der die Teilhabe des Einzelnen ein sehr zentrales Thema ist. Dies ändert sich nicht durch den Austritt einzelner.
Flaschenpost: Was werden die nächsten Tage und Wochen bringen? Bricht die Partei auseinander oder versinkt sie weiter in der Bedeutungslosigkeit?
Sekor: Ich glaube, dass wir gerade eine Konsolidierung erleben. Wir werden feststellen, dass es die Piratenpartei ist, in der wir sind, wir werden feststellen, dass wir Piraten sind, wir werden feststellen, dass es unser Programm ist, für das wir kämpfen.
Ich bin davon überzeugt, dass die Piraten nach wie vor dringend gebraucht werden. Wir sind die Partei, die die veränderte Welt, in der wir leben, in die Politik bringen muss. In die Politik bringen wird!
Flaschenpost: Vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.