Nach Ansicht vieler Piraten hat die Bundes-IT einige Ähnlichkeiten mit einem schwarzen Loch. Sie schluckt alles, was rein kommt, lässt aber nichts wieder raus. Nicht einmal das Licht, sodass sie ein schwarzer Fleck auf der Piratenpartei-Schatzkarte verbleibt.
Dass aber in Wirklichkeit mehrere fleißige Menschen eifrig im Hintergrund werkeln, um all das am Laufen zu halten, was wir Piraten als selbstverständlich betrachten, wollen wir in einer zweiteiligen Artikelreihe zeigen. Dafür folgen wir den Jungs und Mädels in den Bundes-IT-Alltag und schauen ihnen einmal genauer auf die Finge. Zu diesem Zweck haben wir mit Borys Sobieski begleitet, der unter anderem für die Außenkommunikation der Bundes-IT zuständig ist.
Es ist Montag, 04:00 morgens. Der Wecker klingelt. Borys quält sich aus dem Bett, macht sich einen Kaffee und schmiert sich schnell eine Stulle. Nach diesem kurzen Frühstück und einer anschließenden Katzenwäsche geht es an den Rechner.
Zwischen 05:00 Uhr und 05:30 Uhr ruft Torsten an, der Leiter der Bundes-IT, der meistens die Nachtschicht hat. Mit müder Stimme erzählt er, was in der Nacht alles passiert ist. Alles lief glatt, aber vor ein paar Minuten hätte ein Pirat angerufen, dessen Zugang wohl nicht funktioniert. Das habe er nicht mehr richten können, da muss Borys ran. Torsten gibt ihm den Namen und den Zugang, der nicht funktioniert. Beide verabschieden sich, Borys macht sich gleich ans Werk.
Die Zugänge für alle Verantwortlichen in der Piratenpartei zu der Verwaltungssoftware, die für die Mitgliederverwaltung sowie die Finanzen genutzt wird, haben immer eine begrenzte Gültigkeit. Offensichtlich ist die Gültigkeit des Zugangs des Piraten abgelaufen und muss erneuert werden.
Das sind nur ein paar Klicks, dann sollte der Zugang wieder funktionieren. Borys schreibt dem Piraten daraufhin eine kurze Mail, in der er ihm schreibt, dass alles wieder klar sein sollte. Danach überprüft er wie jeden Morgen auch alle anderen Zugänge. Da klingelt das Telefon. Torsten ist nochmal dran. Er hätte eine Sache vergessen, über Nacht wäre ein Landesschatzmeister zurückgetreten. Borys nickt und öffnet den zugehörigen Zugang. Nach einer Minute ist er deaktiviert, sodass der zurückgetretene Schatzmeister keinen Zugriff mehr auf Daten hat, für die er nicht legitimiert ist.
Borys überprüft schließlich auch noch alle anderen Zugänge auf Gültigkeit und verlängert diese bei einigen. Gegen 12:00 ist er damit fertig und lehnt sich für einige Minuten im Stuhl zurück, streckt sich. Gleich wird der frisch erwachte Torsten anrufen, um sich auf den neuesten Stand zu bringen.
Danach genehmigt sich Borys erstmal ein kleines Mittagessen. Spaghetti mit Tomatensoße – klassisch. Weiter geht es im Homeoffice mit der Pflege des Bundes-IT-Blogs, der Website http://bundesit.de. Nach einer Stunde ist das erledigt.
Pünktlich wie eine Schweizer Uhr kommen seine Kinder angelaufen. Es wäre Zeit für den täglichen Spaziergang. Sicher, sagt Borys. Er ist froh, dass er seine kleine Blagen hat, sonst würde er sicherlich deutlich seltener rauskommen.
Um 15:00 Uhr ist er wieder zurück und sieht, dass er drei Anrufe verpasst hat. Im ersten Moment kann er sich nicht daran erinnern, irgendeinen Termin gehabt zu haben. Dann fällt es ihm plötzlich wieder ein: Der Typ von der Flaschenpost wollte doch ein Interview! Er tippt auf das Telefonsymbol, um zurückzurufen, doch da klingelt das Handy schon. Der Flaschenpostler ist dran. Borys entschuldigt sich für sein Gedächtnis und setzt sich, um mit Peter über seine Arbeit bei der Bundes-IT zu sprechen. Das Gespräch zieht sich, es gibt viel zu erzählen und zu erklären. Um 16:30 schließlich ist der Redakteur endlich zufrieden mit den Infos, die er bekommen hat und wünscht Borys noch einen schönen Tag.
Er legt auf, schließt kurz die Augen, atmet durch. Dann steht er auf und macht sich einen Kaffee, setzt sich wieder an den Computer. Ein kurzer Blick auf das Monitoring der Server. Arbeiten sie alle korrekt? Nein, einer hat seltsame Unregelmäßigkeiten. In seinen Systemen kann Borys keinen Fehler finden, vielleicht ein Problem beim Dienstleister, die für die Server zuständig sind? Borys schaut auf die Uhr, 16:45, Bürozeit, da kann man anrufen. Er wählt und wird prompt verbunden, weist den Mitarbeiter von ASC auf die Probleme hin. Der schaut kurz in seinem System nach und entdeckt tatsächlich einen kleineren Fehler, der die Unregelmäßigkeiten ausgelöst hat. In weniger als 20 Sekunden ist das Problem gelöst. Borys bedankt sich und legt auf.
Bis 21 Uhr kann Borys ungestört weiter arbeiten, hier ein paar Dinge fixen, dort ein paar Dinge korrigieren. Pünktlich um 21 Uhr wählt Borys sich dann in die 14-tägliche Telekonferenz mit dem ganzen Bundes-IT-Team ein. Einer der Administratoren steht direkt im Rechenzentrum und telefoniert von dort aus. Es wird besprochen, wie die Prioritäten in den nächsten zwei Wochen verteilt werden sollen, was in Angriff genommen werden soll und ob etwas größeres in den nächsten Tagen ansteht. Das Supporter-Team, bestehend aus sechs Personen, informiert die anderen, dass sie auf der letzten Supporter-Telko, die immer dann stattfindet, wenn keine IT-Team-Telko ist, alle der Meinung waren, dass die Anzahl der Tickets, die tagtäglich ins OTRS (Open-Ticket-Request-System) flattert, gesunken ist.
Gegen 23:00 Uhr sind alle Themen durchgegangen worden und Borys ist ordentlich müde. Er verabschiedet sich von seinen Kollegen, man wünscht ihm eine gute Nacht. Schnell macht Borys sich noch ein paar Notizen für die morgige Telko mit dem verantwortlichen Mitglied des Bundesvorstandes, Stefanie Schmiedtke. Um 14 Uhr möchte sie immer wissen, was in ihrem Ressort gerade so los ist. Manchmal bittet sie auch darum, die Prioritäten anders zu verteilen. Etwa, wenn eine bestimmte Gruppe mehr Rechenleistung benötigt, als bei Bundesparteitagen oder Wahlen.
Borys‘ Notizen sind nicht lang. Die Arbeit mit Stefanie ist unkompliziert und fruchtbar, entgegen den vagen Befürchtungen nach der Wahl. Wenn sie etwas nicht versteht, fragt sie und, das Beste, versteht die Antwort auch.
Nach einem ausgiebigen Gähnen kümmert Borys sich noch um einen kleinen, abendlichen Snack und macht sich für das Bett bereit. Morgen wird wieder ein harter Tag.
Zum Ende noch ein paar interessante Fakten:
- Mitarbeiter
- In der Bundes-IT arbeiten 1.5 fest Angestellte und zwischen 10 und 15 Freiwillige, davon alleine sechs als Supporter, die sich um einkommende Tickets und Anfragen kümmern.
- Etherpad
- Die Etherpad-Instanz, die die Bundes-IT betreibt, ist die drittgrößte weltweit! Sie wird nicht nur von tausenden Piraten weltweit genutzt, sondern auch von Revolutionären in Syrien und Ägypten, von Privatpersonen und sogar von CDU- und FDP-Mitgliedern.
- Etherpad-Inhalte
- In den Etherpads tummeln sich nicht nur diverse Gruppierungen, sondern natürlich auch unterschiedlichste Inhalte. Manchmal machen diese Inhalte der Bundes-IT Probleme, etwa wenn Drogenhändler sich darüber ausstauschen.
- Bundes-IT im Auge der Polizei
- In solchen Fällen steht gerne mal die Polizei vor der Tür und möchte alle Server beschlagnahmen. Dann müssen so schnell wie möglich Anwälte und Justiziare hinzugezogen werden, um einen totalen Zusammenbruch der Infrastruktur zu verhindern.
- Viel Open-Source
- Die Bundes-IT benutzt sehr viel Open-Source-Software. Allerdings erfüllen freie Programme nicht immer die Ansprüche, so muss die Mitgliederverwaltung etwa auf Windows-Servern laufen.
- Server-Anzahl und 100k-Aktion
- Momentan betreibt die Bundes-IT etwas 100 virtuelle Server, die dienstredundant aufgebaut und daher vor Ausfällen gefeit sind. Die 100k-Aktion hat das möglich gemacht.