
Ausschnitt der Überschrift es Artikels "Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen" | Foto von Michael Renner

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) ist die Fortsetzung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) für den siebenten Tag der Woche. Heute dürfte vielen Lesern schon im Politikteil auf Seite zwei das Frühstück im Hals stecken bleiben. Denn im Artikel „Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen“ versucht AfD-Vize Adam die Erinnerung an die Seeschlacht von Lepanto wachzurufen. Die Absicht des AfD-Politikers ist leicht zu erraten.
Seine in diesem Artikel offenbarte altertümiche Geisteswelt hätte niemand ausgerechnet in der FAS vermutet. Sie besteht aus „Christen gegen Türken“, „alteingesessenen römischen Familien“, einer „Flagge aus weinrotem Brokat“ und Honoratioren, die „wie von selbst auf die Vergangenheit zu sprechen kommen“. Das alles wird notdürftig in eine Rahmenhandlung mit Wissenschaftlern und einem „hochdotierten Preis“ verpackt. Dazu kommt, dass Konrad Adam nur die halbe Geschichte erzählt. Denn 1571 starben in nur 5 1/2 Stunden 30.000 Soldaten des Osmanischen Reichs und 9.000 Soldaten der „heiligen Liga“. Vor diesem Hintergrund erscheint die Formulierung der Überschrift „schon einmal“ maximal befremdlich.
Es ist schockierend, dass Konrad Adam, Vorstandsmitglied der natialkonservativen AfD und bekennender Unterstützer der PEGIDA-Demonstrationen, in der FAS Raum geboten wird, um den auf Dresdens Strassen ausgerufenen Kulturkampf „wir gegen die“ mit 444 Jahre alten Schlachterzählungen zu befeuern. Adams Artikel verrät seine in der Vergangenheit verhaftete Geisteswelt aus Heldentaten, Honoratioren und Entscheidungsschlachten.
Es wird spannend sein zu beobachten, ob morgen Abend bei den „Wir sind das Volk“-Rufern in Dresden Elemente der „Türkenkriege“ auf Transparenten auftauchen. Denn dann war Adams kurzer Artikel nichts anderes als Munition fürs Volk.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.