Das Konzept der “Bürgerbusse” ist nicht neu: 1983 fuhr der erste Bürgerbus in NRW. Über 250 Bürgerbusse schließen heute Lücken im öffentlichen Nahverkehr. Die meisten Bürgerbusse, nämlich über 110, gibt es in Nordrhein-Westfalen und immerhin 40 dieser Busse in Niedersachsen.
Was sind Bürgerbusse?
Das Besondere ist, dass es sich um kleine Busse handelt, die nicht mehr als acht Plätze haben und eine Buslinie abdecken, die für die Verkehrsbetriebe unrentabel geworden ist.
Um Bürgerinnen und Bürgern trotzdem Mobilität zu ermöglichen, gründeten ortsansässige Mitbürger einen Verein, der eine Buslinie übernehmen konnte. Für das Fahren solch kleiner Busse ist nur ein Personenbeförderungsschein notwendig, aber kein schwer erwerbbarer Busführerschein. Deshalb können sich viele Bürger als Fahrer engagieren. Die ehrenamtlich arbeitenden Fahrer machen dem ÖPNV keine Konkurrenz, da es ohne sie ja keine Buslinie geben würde. Dies ist möglich, weil keine Personalkosten anfallen und Länder sowie Kommunen die Bürgerbusvereine unterstützen. Mittlerweile existieren in Deutschland 130 Bürgerbusvereine.
Piraten fordern ein Kompetenzzentrum
In Schleswig-Holstein gibt es nur wenige Bürgerbusse, aber etliche “verkehrsschwache Räume” mit “verkehrsarmen Zeiten”, wo ein ÖPNV-Angebot keinen Gewinn erwirtschaften kann.
Aufgrund des demographischen Wandels und des augenblicklich schon dürftigen Angebots, besonders in ländlichen Gebieten, steht zu befürchten, dass sich der ÖPNV dort immer weniger lohnt und sich die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr weiter verschlechtert.
Für ältere Menschen, Menschen mit Handicap und auch für Jugendliche, die noch keinen Führerschein haben, droht die Isolation ebenso wie jenen, die sich keinen PKW leisten können.
Die Piratenfraktion hat darum einen Antrag eingereicht, der beinhaltet, dass sich der Holsteinische Landtag dafür aussprechen soll, das System der Bürgerbusse zu unterstützen und ein Kompetenzzentrum dafür einzurichten. Dort wird in Zusammenarbeit mit den bisherigen Anbietern ein Leitfaden zur Einrichtung von Bürgerbussen erstellt, Öffentlichkeitsarbeit geplant und es werden Bürger bei der Einrichtung und Verwaltung von Bürgerbussen beraten. Dies würde, verglichen mit den Kosten, die der Ausbau der Bahnstrecken das Land bereits gekostet hat, deutlich weniger finanzielle Investitionen erfordern und die Grundversorgung der Bürger sichern.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für Bundesländer, Bürgerbusse zu unterstützen, so finanziert beispielsweise NRW über eine jährliche Organisationspauschale und eine Festbetragsförderung die Anschaffung des Bürgerbusfahrzeugs. Rheinland-Pfalz fördert die Betriebskosten der Bürgerbusse und Niedersachsen die Anschaffungskosten der Fahrzeuge. Die Piraten schlagen dem Kieler Landtag vor, bei der Ausgestaltung des Förderprogramms für Bürgerbuslinien darauf zu achten, “dass die besonderen Bedürfnisse mobilitätseingeschränkter Personen (z.B. absenkbare Trittstufe, zusätzliche Haltegriffe) sowie der Umweltschutz besonders berücksichtigt werden, dass Bürgerbusangebote in strukturschwachen ländlichen Regionen vorrangig gefördert werden und dass die Förderung nicht zulasten der bestehenden, preisbereinigt ohnehin sinkenden Busverkehrsfinanzierung erfolgt.”
Oder doch ein fahrscheinloser ÖPNV?
Tatsächlich stellt das Konzept der Bürgerbusse eine Möglichkeit dar, die Mobilität der Bürger zu gewährleisten. Ob dies wirklich langfristig und flächendeckend möglich ist, hängt dann sehr vom Engagement der Bürgerinnen und Bürger ab.
Vielleicht müssen die Bundesländer langsam umdenken und erwägen, das Konzept der Piraten auszuprobieren, einen fahrscheinlosen ÖPNV zumindest in Modellversuchen zu testen. Durch ein solches Konzept fielen einige Faktoren weg, die heute noch zur Einschränkung des ÖPNV Angebots führen. Die Lebensqualität der Menschen würde sich dadurch deutlich verbessern.