
Calendar | CC BY 2.0 Dafne Cholet

Nein, dieser Artikel ist kein Aprilscherz. Unsere Warnung vor Aprilscherzen ist ernst gemeint. Unsere Recherchen lassen befürchten, dass jeder entsprechende Artikel, wenn er nur von Überwachung, Regierungswillkür und dem Abbau von Bürgerrechten handelt, von Unternehmen, Regierungen und Ministerien dankbar aufgenommen wird.
Wir wissen nicht genau, wann den Unternehmern und Politikern eigene Ideen ausgingen und sie anfingen, sich aus Aprilscherzen zu bedienen. Der erste Beleg, den wir finden konnten, geht auf das Jahr 2004 zurück. Damals berichtete das Computermagazin c’t: TÜV-Plaketten mit drahtlos auslesbaren Identifikationschips ermöglichen nicht nur die Maut-Abrechnung, sondern auch flächendeckende Geschwindigkeitsüberwachung. Am 1. Januar 2005 kamen dann als Idee leicht abgewandelt, aber noch erkennbar, die Fotobrücken über jeder Autobahn. Seitdem wird per Digitalkamera statt mit RFID-Chip geschaut, wer wo gerade fährt. Gründlicher als hierzulande wurde dieser Aprilscherz in Malaysia gelesen. 2006 wurde bekannt gegeben, dass Neufahrzeuge zukünftig nur noch mit sogenannten e-Plates zugelassen werden.
Die Meldung vom April 2012, dass zukünftig alle Aktivitäten im Chat-Netzwerk FreeNode geloggt und den Geheimdiensten zugänglich gemacht werden, wirkte auf die NSA inspirierend. Im Juni 2013 ging Edward Snowden an die Öffentlichkeit. Die Überwachung des IRC-Netzwerks gilt inzwischen als Tatsache und ist doch nur die Spitze des Eisbergs.
Im Jahr 2010 taten sich mehrere private wie öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten zusammen und vermeldeten am 1. April, dass E-Mails zukünftig portopflichtig seien. Das wurde wohl auch in Regierungskreisen und von den großen deutschen Mailanbietern vernommen. Daraus entstand De-Mail mit einem undurchsichtigen Tarifgewirr. Bei der Telekom sind drei De-Mails pro Monat frei, jede weitere schlägt mit 0.39 Euro zu Buche. Bei 1&1 sind sogar 10 Mails im Monat kostenlos, aber auch hier kostet jede weitere De-Mail 0.39 Euro. Das liegt weit über den im Aprilscherz genannten Preis von 0.01 Euro pro Mail. Immerhin fallen beim „richtigen“ Mailporto keine Grundgebühren an – hier folgen die Unternehmen der Vorgabe des Aprilscherzes.
Selbst Hunde sind vor Überwachung, DNA-Tests, Aprilscherzen und eifrigen Politikern nicht sicher. Im April 2005 meldete tagesschau.de: Hunde sollen in Dresden zum DNA-Test (der Artikel ist wegen der Löschverfügung für Öffentlich-Rechtliche-Sender nicht mehr zugänglich – dies ist leider kein Aprilscherz). Vier Jahre später wurde diese Falschmeldung aus dem April in Israel aufgegriffen.
Wenn ihr weitere Aprilscherze aus der Gruselkammer der Privatsphäre kennt: Bitte beschreibt den Aprilscherz sowie die Umsetzung im Kommentarbereich.
Auf die Veröffentlichung des ursprünglich geplanten Artikels Datenschutzbeauftragter gibt OK zur Vorratsdatenspeicherung, geschrieben im Februar 2015, verzichten wir aus verständlichen Gründen.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.