
CC BY 2.0 | "Patents Wall Art"

Patente sollen Wissen der Allgemeinheit zur Verfügung stellen (Informationsfunktion) und durch ihr Ausschließlichkeitsrecht einen Anreiz zur Forschung außerhalb von Universitäten und Forschungseinrichtungen schaffen – denn der soziale Nutzen einer Erfindung überwiegt immer den privaten Nutzen. Da privatwirtschaftlich tätige Unternehmen nur eher selten uneigennützig handeln, ist dieser Anreiz zur Profiterzielung notwendig. Das mag man mögen oder auch nicht, so funktioniert nun mal ein freier Markt.
Durch die bisher übliche Gleichbehandlung aller Antragsteller ist es demjenigen, der eine Erfindung „als erster“ macht, möglich, diese Idee auch zu schützen und ggf. dieses Schutzrecht zu verteidigen. Dies ist insbesondere dann wichtig, wenn der aktuelle „Stand der Technik“ eine Neuerung geradezu impliziert und, wie schon öfters, eine Erfindung parallel gemacht wird.
Aber wie das Leben so spielt: Nichts bleibt von den „Kräften des Marktes“ verschont. Und manche Dinge sind dann aber so absurd, das man sie normalerweise nicht mal erfinden würde, wie zum Beispiel dass das Europäische Patentamt (EPA) für große Konzerne eine roten Teppich ausrollen will.
Wie Techrights meldete bzw. leakte, plant das EPA einen „speziellen“ Service für Firmen wie Samsung, Microsoft, Bayer, BASF und weitere. Begründet wird dies durch einen vorgeblichen Antragsstau und die Konkurrenz mit anderen Patentämtern. Ziel sei unter anderem, so das geleakte Memo, „more efficient use of missions“, „predicting incoming workload“, ein besserer „Esprit de service“ und „targeting recruitment to the right areas“.
Für ungefähr eine halbe Sekunde klingt das logisch, aber auch nicht länger. Denn genau genommen soll es in Zukunft V.I.P – Antragsteller geben deren Patentanträge schneller bearbeitet werden – und dies von speziell für deren Anforderungen eingestelltes Personal.

Und woher nimmt man dieses Personal? Es müsste jemand sein der sowohl technisches als auch juristisches Vorwissen hat, also zum Beispiel bei Softwarepatenten oder wenn es um Patente auf Pflanzen oder Tiere geht. Gut wären auch noch weitere Branchenkenntnisse, vielleicht bewirbt sich ja jemand. Und wenn der dann gerade eben die Patentabteilung eines XY-Tochterunternehmens verlassen hat und dann genau über die Kenntnisse verfügt, die gesucht und sonst kaum zu finden sind – ja dann ist das sicher „Zufall“.
Zur Personalsituation kommt das Problem, das schneller bearbeitete und ggf. „durchgewunkene“ Patente durch früher eingereichte, erfinderisch gleiche und damit formal prioritäre Patente, wieder aufgehoben würden. Aber nicht immer ohne Prozess, die Erfahrung zeigt, das manchmal von Versicherungsunternehmen wegen Bagatellen ohne Sinn und Verstand prozessiert wird. Ob aus Eitelkeit oder in der Hoffnung, das dem Gegner das Geld ausgeht ist unklar. Klar ist aber, dass ein Prozess vor einem Patentgericht um Größenordnungen teurer ist als ein Prozess vor einem Amts- oder Landgericht. Ein Privatmann oder ein KMU kann sich das eher nicht leisten, schon gar nicht, wenn es durch mehrere Instanzen gegen einen „Global Player“ geht.
Was ist also der Sinn dahinter? Geht es wirklich um eine beschleunigte Bearbeitung, um einen Antragsstau? Kaum – denn dann würde niemand eine Liste mit V.I.P.’s erstellen. Es geht ganz offensichtlich um Vorteile für die Konzerne; Privatpersonen, NGOs sowie KMUs werden als einfache Antragsteller benachteiligt. Die Problematik des „Konkurrenten mit Patenten zumauern“ wird durch eine beschleunigten Bearbeitung der Patentanträge der V.I.P.’s weiter eskalieren, und der Einfluss der Industrie auf das EPA wird wachsen.
Im Prinzip ist es eine Atacke auf die Gleichbehandlung der Antragsteller von Patenten und eine Erhöhung des Kostenrisikos für diese. Folglich mindert dies die Anzahl der Patentanträge, die Innovationskraft unserer Gesellschaft schwindet, dies führt zu einer Konzentration der Forschung in Großunternehmen, dies wieder zu mehr Patentanträgen von deren Seite, das mindert wieder die Innovationskraft – und so weiter.
Redaktionsmitglied Sperling
Redakteur seit 2011, Kernteam der Redaktion seit 2013. De facto "Leitung" ab 2016, irgendwann auch offiziell Chefredakteur - bis 2023. Schreibt und Podcastet nur wenn ihm die Laune danach steht, zahlt aktuell die Infrastruktur der Flaschenpost, muss aber zum Glück nicht haften 🙂
Hallo
Auch wenn dieser Artikel inhaltlich zutreffen mag, hätte er trotzdem sprachlich in Form gebracht und lektoriert werden sollen.
So etwas zu veröffentlichen ist eine Zumutung für die Leser und ein Armutszeugnis für die Redaktion.
Moin,
wie andere Artikel auch durchlief dieser Artikel zwei Lektorate. Natürlich sind wir nicht perfekt, lernen aber gerne dazu. Wo konkret sind deine Kritikpunkte? Was hättest du anders formuliert?
Ich wünsche dir und allen anderen Lesern einen guten Start in die Woche und bin auf deine Antwort gespannt.
Die Form ist vielleicht wichtig. Der Inhalt ist aber weitaus wichtiger und ohne Probleme zu verstehen. Vielen Dank für diesen interessanten Artikel. Konkurrenz belebt das Geschäft sagte man früher, vor allem im Hinblick auf die monopolistischen Strukturen in den sozialistischen Ländern, die eine Entwicklung einer konkurrenzfähigen Wirtschaft behinderten. Heutzutage werden einige Unternehmen scheinbar wohl etwas übermütig, wenn es darum geht dass man seine Schäflein auch in Zukunft ins Trockene bekommt. Denn längst geht es darum, sich auch die „Schafe“ anderer einzuverleiben um sie sich in den eigenen Stall zu stellen und andere Mitspieler in diesem „Spiel“ und dazu gehören auch die gewählten Parlamente, möglichst schachmatt zu setzen. Die hier beschriebenen Pläne gehören auch dazu (wie TTIP etc.). Sie dienen dazu monopolistische Strukturen mit größtmöglichem Einfluss auch auf die Politik zu schaffen. Ich weiß nicht, ob kapitalistische Monopole besser sind als kommunistische? Nach allem was sich inzwischen auf diesem Gebiet abzeichnet, gehe ich davon aus, dass sie keinesfalls besser sind. Kommunistische Monopole funktionieren nur, weil es keine Demokratie gibt. Kapitalistische Monopole entstehen nur dort, wo die Demokratie vernachlässigt und untergraben wird. Das Ergebnis für die Gesellschaft wird meines Erachtens das Gleiche sein: Un-Freiheit, Un-Gleichheit, Un-Brüderlichkeit. Darum ist der Kommunismus einer Polit-„Elite“ für mich genau so wenig erstrebenswert wie der monopolistische Kapitalismus einer Wirtschafts-„Elite“ und somit mit allen legitimen Mitteln abzuwehren. Die legitimen „Waffen“ die uns per Gesetz dafür in der Demokratie (noch) zur Verfügung stehen, sind aber im Vergleich zu den Möglichkeiten der Gegenspieler ziemlich erbärmlich und erzeugen bei diesen inzwischen schon – wie mir scheint – bestenfalls noch einen Phantomschmerz.