Ein Gastbeitrag von Miranda, die bei den Sozialpiraten mitarbeitet.
Mitte November legte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihren Referentenentwurf zu Leiharbeit und Werkverträgen vor. Das Ziel der Ministerin ist es, Lohndumping zu unterbinden und die Rechte der Arbeitnehmer zu stärken. Dies erklärt sie jedenfalls der Presse.
Mit dem von Frau Nahles vorgelegten Entwurf über die geplanten Änderungen des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes (Leiharbeit) und der Werkverträge versucht die Bundesregierung zudem, die im Koalitionsvertrag geschlossenen Vereinbarungen zur Neuregelung der Leiharbeit umzusetzen. Es ist also politischer Schwerpunkt der SPD.
Tatsächlich ist eine gesetzliche Neuregelung dringend notwendig, denn seit 2008 liegt eine EU-Leiharbeitsrichtlinie zum besseren Schutz der Leiharbeitskräfte in den Mitgliedsstaaten vor, diese ist aber seitdem noch immer nicht vollständig umgesetzt worden. Doch auch der vorgelegte Referentenentwurf der Bundesarbeitsministerin bleibt hinter den Anforderungen der EU Richtlinie zurück.
Auf den ersten Blick könnte man zwar den Eindruck gewinnen, dass die geplanten Änderungen zumindest die Stellung der Leiharbeitenden verbessert. Der zweite Blick entlarvt sie jedoch als Mogelpackung.
Einzig positiv zu bewerten ist, dass die geplanten Änderungen vorsehen, dass Leiharbeitende nicht mehr zum Zwecke des Streikbruchs eingesetzt werden können und sie bei allen Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetz mitzählen. Im Folgenden werden die Details der Gesetzesvorlage kritisch unter die Lupe genommen.
Begrenzung der Leiharbeit?
Der Referentenenwurf lässt keine Zielsetzung erkennen, die Leiharbeit wirksam zu begrenzen. In Deutschland sind mit steigender Tendenz derzeit ca. 824.000 Arbeitnehmer in Leiharbeit beschäftigt. In den von Frau Nahles geplanten Änderungen wird die Leiharbeit weiterhin als dauerhaftes Instrument der Wirtschaft, die kostengünstige Alternativen zur Regelbeschäftigung verteidigt, angesehen.
Die Überlassungsdauer der Leiharbeitenden soll zwar auf 18 Monate verkürzt werden, jedoch kann die Stelle jederzeit mit anderen Leiharbeitskräften neu besetzt werden. Die Begrenzung bezieht sich allein auf den eingesetzten Leiharbeitenden, dem bei einer Weiterbeschäftigung über die 18 Monate hinaus eine Festanstellung angeboten werden soll.
Darüber hinaus dürfen tariflich gebundene Unternehmen diese Fristen unter- und überschreiten. Damit besteht die konkrete Gefahr, dass viele Stellen in den Unternehmen dauerhaft mit wechselnden Leiharbeitenden besetzt werden.
Gleicher Lohn und gleiche Rechte für Leiharbeiter?
Auch die Angleichung der Rechte der Leiharbeitenden im Verhältnis zur Stammbelegschaft setzt der Entwurf von Frau Nahles nur mangelhaft um. Die Unterschreitung des Arbeitsentgeltes und der Arbeitsbedingungen der Leiharbeitenden im Verhältnis zur Stammbelegschaft des Entleihunternehmens sind derzeit leider üblich. Viele Leiharbeitende arbeiten deswegen in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Bereits 6 Prozent der sozialversichert beschäftigten Leiharbeitskräfte erhielten Ende 2014 „aufstockende Hartz IV-Leistungen“, das heißt, sie waren trotz ihres Vollzeitjobs auf Leistungen des Jobcenters angewiesen.
Der Entwurf verankert zwar den in der EU Richtlinie von 2008 vereinbarten Grundsatz des „Equal Pay“, enthält jedoch weitreichende Ausnahmen. Es verbleibt die Möglichkeit, die Leiharbeitenden die ersten 9 Monate, bei tarifvertraglicher Bindung der Unternehmen sogar die ersten 12 Monate, schlechter zu stellen als die Stammbelegschaft. Damit wird die Ungleichbehandlung und Diskriminierung der Leiharbeitenden gegenüber der Stammbelegschaft aufrechterhalten.
Zur Vermeidung der immer wiederkehrenden Erwerbslosigkeit der Leiharbeitenden fehlt in dem Entwurf auch die Wiedereinführung des Befristungs- und Synchronisationsverbotes für Verleihfirmen. Leiharbeitsfirmen dürfen seit 2009 die Arbeitsverträge mit Leiharbeitnehmern für die Dauer des vermittelten Einsatzes befristen. Allein von Juni 2014 bis Mai 2015 sind unter anderem deswegen etwa 362.000 Leiharbeitskräfte erwerbslos geworden. Trotz vorheriger sozialversicherter Beschäftigung bezogen 38,5 Prozent, sprich 140.000 Leiharbeitskräfte, nach Jobverlust direkt Grundsicherung nach dem SGB II, im Volksmund „Hartz IV“ genannt.
Aufgrund der Möglichkeit der Leiharbeitsfirmen, die Verträge zu befristen, und gleichzeitig Eingliederungszuschüsse bei der Bundesagentur für Arbeit zu beziehen, liegt das „unternehmerische“ Risiko mittlerweile allein beim Leiharbeitenden. Der vorgelegt Entwurf hebt diese Missstände nicht auf.
Die Subventionierung der Leiharbeit durch die Zahlung von Eingliederungszuschüssen sollte daher abgeschafft und das Befristungsverbot für Leiharbeitsverträge wiedereingeführt werden.
Werkverträge- ein Dauermissstand!
Auch der Versuch, die Werkverträge klarer von den Arbeitsverträgen abzugrenzen, um weiteren Missbrauch zu verhindern, schlägt fehl. Zum einen liegt die Beweislast noch immer beim Arbeitnehmer. Zum anderen werden Arbeitnehmer noch immer nicht effektiv vor der Vermittlung in Werkverträge durch Leiharbeitsfirmen geschützt. Die Betriebsräte erhalten zwar Informationsrechte über die bestehenden Werkverträge in ihrem Unternehmen, ein darüber hinaus gehendes Mitbestimmungsrecht bekommen sie jedoch nicht. Zukünftig soll der Vermittlungsvertrag vorab ausdrücklich festlegen, ob ein Werkvertrag oder Leihvertrag vorliegt, damit keine nachträgliche Umdeutung erfolgen kann. Dadurch bleibt jedoch ausdrücklich die Möglichkeit der Vermittlung durch Leiharbeitsfirmen in Werkverträge bestehen. Unter dem Druck des Jobverlustes und dem damit verbundenen Risiko, direkt in die Grundsicherung nach dem SGB II, also Hartz IV, zu fallen, werden sich viele der Beschäftigten von Leiharbeitsfirmen gezwungen fühlen, weiterhin auch solche Verträge anzunehmen.
Fazit
Der Entwurf von Frau Nahles ist eine Mogelpackung, denn er sieht weder eine wirksame Begrenzung der Leiharbeit vor, noch erfüllt er die entsprechenden Vorgaben der EU zum Schutz der Rechte der Leiharbeitenden.
Die Piratenpartei hat bereits im Wahlprogramm von 2013 zur wirksamen Begrenzung der Leiharbeit eine Verkürzung der Überlassungsdauer auf 6 Monate beschlossen, die Einführung einer Höchstquote von Leiharbeitenden pro Unternehmen in Höhe von 10 Prozent und die Gleichstellung der Arbeitsbedingungen der Leiharbeitenden entsprechend der Stammbelegschaft mit Arbeitsaufnahme sowie die Zahlung eines Zuschlages für Leiharbeitende gefordert.
Die Leiharbeit der Zukunft darf nur zu ihrem ursprünglichen Sinn und Zweck, der kurzfristigen, flexiblen Bewältigung von Auftragsspitzen dienen und muss aufgrund der erhöhten Flexibiliätsanforderungen besser entlohnt werden.
Der Lohndumping ist meiner Meinung nach noch längst nicht an seinem Höhepunkt angelangt und ob das Lohndumping mit oder ohne Leiharbeiter zu verhindern wäre? Nur wenig, weil künftig noch ganz andere Phänomene eine große Rolle spielen werden. Hinzu kommt auch noch der verdeckte Lohndumping in Form von Steuererfindungen oder beispielsweise Erhöhungen der Verbrauchssteuer oder Zinspolitik usw. Wenn ein System nur noch so und über eine Art Maulkorbpolitik zu halten ist, dann sollten die ganzen Systemrelevanten und zu Firmen degenerierten Unterstützer mal laut überlegen was ihr Beitrag noch mit Aufrichtigkeit, Eigenständigkeit, Freiheit, Demokratie, Selbstbestimmung und vor allem mit dem Frieden zu tun hat. Wer damit gemeint ist? Mehr oder weniger „Alle“ von den Parteien bis zu den Gerwerkschaften und den sozialen Institutionen, von Banken bis zu großen Konzernen und am Ende jeder einzelne. Ein Großzügig bemessenes bedingungsloses Grundeinkommen sollte erprobt und stufenweise möglichst vielen Landsleuten als Ausgleich angeboten werden können.
Moin Rüdiger, bei jedem Artikel der bei uns erscheint frage ich mich ob du und wie du es schaffst die Kurve zu „Politikversagen“ und „deutsche Interessen“ zu bekommen. Das ist dir jetzt auch beim Thema „Leiharbeit“ gelungen. Das ist, aus Sicht des Themas, daneben.