Als Seitenveranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) findet die Piraten Sicherheitskonferenz (PSC) statt. Während im Bayrischen Hof meist von militärischen Bedrohungen gesprochen wird, haben die Piraten das Thema Cypersecurity im Fokus. Trolle, Hacker und Extremisten, autonome Fahrzeuge und die Verletzbarkeit digitaler Infrastrukturen.
Wie digitale Medien die allgemeine Wahrnehmung in der Gesellschaft geändert haben
Hochkarätiger hätte die PSC kaum starten können: Mit Birgitta Jonsdottir aus Island und Jelena Jovanović aus Serbien konnten zwei Mitglieder der Pirate Parties International (PPI) gewonnen werden, die darüber sprachen, wie digitale Medien die Wahrnehmung der Gesellschaft verändert haben. Piraten in Island und Serbien setzen gleichermaßen auf Privatspähre, wobei in beiden Ländern neben technischen Lösungen vor allem auch Unterstützung der Parlamente eingefordert wird. Birgitta Jonsdottir gehörte zu den frühen Unterstützern von Wikileaks, was sie in den Fokus von Ermittlungsbehörden brachte. Die großen und die kleinen Whistleblower genießen noch heute wenig staatlichen Schutz und können auch von Journalisten und Medienhäusern kaum geschützt werden, wenn beispielsweise eine Verhaftung oder die Auslieferung droht. Eward Snowden, der bekannteste Whistleblower, wurde zu vielen Konferenzen eingeladen, viele Deutsche befürworten es, ihm Asyl zu gewähren. Doch wegen der drohenden Auslieferung an die USA sitzt er in Russland fest, ohne Chance dort auf absehbare Zeit weg zu können. Birgitta Jonsdottir brachte es auf die verständliche Formel „Als NATO-Mitglied tragen wir Verantwortung für die schrecklichen Dinge, die Whistleblower aufdecken“.
In Island zog die isländische Piratenpartei 2013 mit 5.1% ins Parlament ein. Heute steht die Piratenpartei in Umfragen bei 40%. Allerdings grassiert in Island auch der Verlust des Vertrauens in demokratische Institutionen – nur 10% vertrauen dem Parlament. Die Bürger wollen Ergebnisse sehen und Einfluss haben. Doch werden auch in Island Gesetze von Lobbyisten geschrieben. Jelena Jovanović leitet daraus die Notwendigkeit ab, dass auch Politiker in hohen Position den Kontakt zur Bevölkerung nicht verlieren.
Autonome Fahrzeuge – Fluch oder Segen?
Die Sicherheit von autonomen Fahrzeugen beleuchtete Jens-Wolfhard Schicke und zeichnete ein finsteres Bild der Sicherheitslage und den Massnahmen, die in Zukunft notwendig sein könnten. Natürlich haben autonome Fahrzeuge auch Vorteile, denn sie werden sich an Tempolimits halten und betrunkene Fahrer sind auch kein Problem, da der Wagen ja von Sensoren gesteuert wird. Doch wer haftet, wenn es doch einen Unfall gibt? Noch sind menschliche Fahrer um den Faktor zwei besser als eine Computersteuerung, doch das wird sich Verhältnis in naher Zukunft umdrehen – auch in unbekanntem Gelände.
Unsere Städte werden Änderungen unterworfen sein. Heute gibt es Gebäude, in denen Menschen wohnen und Gebäude, in denen Menschen arbeiten. In der Nähe gibt es jeweils Parkplätze. Doch autonome Autos können sich ihren Parplatz auch weiter entfernt suchen oder gar zurückfahren, um das Kind in die Schule zu fahren. Dabei ergibt sich gleich das erste Problem in einer langen Reihe von Sicherheitsbedenken: Was, wenn das Kind den “Nothalt” Knopf drückt? Oder dem Wagen ein anderes Ziel nennt?
Doch ein widerborstiges Kind wirkt harmlos gegen die potentiellen Gefahren, die Jens-Wolfhard Schicke im Anschluss nannte. Denn Hacker, Kriminelle und Terroristen fänden schnell eigene Verwendungszwecke für Fahrzeuge, die alleine ihren Weg finden. Bei einem auffällig gewordenen Drogentransport gibt es keinen Fahrer, der befragt oder verurteilt werden könnte. Während eine Rakete 40.000 Dollar kostet wird ein selbstfahrender Mietwagen für deutlich weniger Geld zu haben sein. Doch selbst wenn der bis unter das Dach mit Sprengstoff beladen sein sollte, sind Reichweiten von 1000 km denkbar. Dafür bräuchte es keinen Hack, und da es auch keinen Selbstmordattentäter mehr braucht, wird die Schwelle für Anschläge gesenkt.
Die Software zur Steuerung solcher Fahrzeuge wird nie so sicher programmiert und abgesichert werden, dass keine Sicherheitsprobleme existieren. Das wäre viel zu teuer! Daraus ergäbe sich die Notwendigkeit ein Fahrzeug Remote auch über größere Entfernungen stoppen zu können. Doch damit tun sich weitere Problem auf, wenn es beispielsweise Nordkorea gelingen würde, unsere Autos anzuhalten oder geparkte Autos dazu bringen böse Dinge zu tun, beispielsweise eine Brücke zu blockieren. Doch ganz so einfach werden die Autos der Zukunft auch nicht zu übernehmen sein. Denn während es im Computerbereich maximal sechs bedeutende Betriebssysteme gibt, was die Entwicklung eines Angriffs leicht macht, wird es bei autonomen Fahrzeugen eine größere Vielfalt an Steuerungen geben. Ein Plus an Sicherheit lässt sich beim Design der einzelnen Komponenten erreichen. Nicht alle sind für den Fahrbetrieb notwendig. Allerdings sind alle Systeme miteinander verbunden. Ein Bildschirm kann sowohl einen Film zeigen oder auch den Tankzustand. Es muss also ein Verbindungssystem geben – was eine Angriffsmöglichkeit auf die Fahrtsteuerung auch über ein manipuliertes mp3 bietet.
Damit selbststeuernde Fahrzeuge nicht zu einem Problem werden, erhebt Schicke einige Forderungen: Die Polizei muss in der Lage sein Fahrzeuge zu stoppen. Updates der Systeme müssen über einen längeren Zeitraum verteilt werden, falls ein Bug drin ist. Wer innen sitzt, muss die Möglichkeit haben den Wagen zu stoppen. Damit wäre Vorsorge gegen Softwareprobleme, Entführungen und Remoteangriffe getroffen und autonome Fahrzeuge könnten ihren Siegeszug antreten.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.