10. Dezember 2024

Projektidee „Mein Piraten Proxy“

Auf einem BPT können immer nur Piraten abstimmen, die auch vor Ort sind. Um dieses Problem zu lösen und mehr Mitbestimmung zu ermöglichen, gibt es schon mehrere Ansätze wie SMV, BEO oder LiquidFeedback. Doch die anhaltende Tool-Debatte ist nicht zielführend, meint unser Gastautor XWolf.

6 thoughts on “Projektidee „Mein Piraten Proxy“

  1. In der AG Meinungsfindungstool hatten wir ein ähnliches Problem. Dort wollen wir die Diskussionen, die Meinungsbildung im Internet mit Tools optimieren. Denn ohne intensive Diskussion und ohne Abwägen von Argumenten kann kaum eine fundierte Entscheidung zustande kommen – es geht sozusagen um die Vorstufe der Abstimmung.
    Auch bei uns war es lange Zeit so, dass sich keine zwei Leute auf ein einzelnes Tool-Konzept einigen konnten, um dann in eine bestimmte Richtung zu entwickeln. Darum möchten wir jetzt, dass die Konzepte miteinander in der Praxis konkurrieren und entwickeln eine gemeinsame Datenbasis namens d!isco (discussion ontology), die die Tools gemeinsam nutzen können, um Argumente zu sammeln. In der Darstellung und den Diskussionsregeln sollen alle Tools größtmögliche Gestaltungsfreiheit haben und durch die Ontologie sind die Tools schon brauchbar, ohne dass eine kritische Masse das Tool nutzt.
    Auch hier können die Nutzer „mit dem Fuß“ entscheiden, welches Tool sie am besten finden. Allerdings sind wir ein recht kleines Team und gerade die Umsetzung der Tools und der Datenbasis sind ein dünner Flaschenhals. Falls jemand gerne mitmachen möchte, kann er/sie am Dienstag um 21 Uhr im Mumble vorbeischauen. Vielleicht könnte man so ein Modell auch für Abstimmungssysteme ausprobieren?

    Viele Grüße,
    Paul

    1. Das klingt nach einem interessanten Konzept. Hättet ihr vielleicht nicht Lust, dass einmal bei uns vorzustellen? Wir bieten euch gerne die Möglichkeit an, einen Gastbeitrag in der Flaschenpost dazu veröffentlichen. Bei Interesse schreibt mir einfach mal an steve@die-flaschenpost.de

  2. Problem: Du schaffst auf diese Art erneut ein informelles Netzwerk, wie es liquid Feedback bildete. Keiner steckt gerne Energie in ein System ohne einen der Energie adäquaten Effekt zu erreichen. Es wird also bei Sandkastenspielen (Trolle können ausgeschlossen werden, wer entscheidet das?) nie auch nur annähernd das getestet bzw. evaluiert werden können was später praxisrelevant wird unter realen Bedingungen.
    Ein Wahlcomputerdilemma („es-geht-nicht!“) wird man auch nicht dadurch los dass man diesen Diskurs Richtung CCC auslagert. Der CCC hat es längst analysiert und sagt aus grundsätzliche, also im Prinzip verankerten Gründen „ES GEHT NICHT“. Wenn man mit einem viereckigen Rad nicht fahren kann, wird es auch nichts nützen, wenn man mit verschiedenen viereckigen Rädern unterschiedlicher Größe und Materialität herumexperimentiert, den man kann den Holzweg so nie verlassen. Man wird enden wie der Käptn auf Gilligans Insel.

    Eine Onlinebeteiligung kann also
    a) niemals legitim für verbindliche Entscheidungen z.B. über Satzung, Geld (Haushalt) oder Kandidaten sein
    b) bedarf einer Moderation im Verlauf und einer Endverhandlung im RL, in einer Präsenzveranstaltung, sei es nun eine Vorstandssitzung oder ein Parteitag oder einer Delegiertenversammlung, um sie verbindlich zu bestätigen. Mit Abstimmkarte, Zettelwahl oder dergleichen, also ganz doll analog, unter Aufsicht und zeitgleicher Kontrolle durch anwesende Menschen. Selbst wenn man dabei elektronische Hilfsmittel einsetzt, muss die Finalisierung stets durch nachprüfbare Zettelwahl verifiziert werden, um demokratischen Prinzipien zu genügen und es anfechtungsfest zu machen. Die Zettel schließt man am besten gut weg und schreddert sie erst, wenn die Anfechtungsfristen rum sind.

    ALLE Erfahrungen aus Zusammenhängen, in denen man Onlinebeteiligung mit einem größeren und tendenziell unbestimmten Publikum durchführte zeigen, ohne Moderation, und Finalisierung auf Präsenzveranstaltungen wird das nichts, entfalten die Themen und die Beschlüsse keine ausreichende Legitimation (und Publizität, was ja bei politischen Parteien auch wichtig ist). Piraten müssen bitte nicht das Rad nochmal erfinden und dabei nach jahrelangem Experimentieren herauszufinden, dass es zwingend annähernd rund sein muss, um zu funktionieren.

    Es gibt erprobte Systeme wie liquid feedback, adhocracy, meinetwegen auch wiki Arguments, passt ein solches für unsere Zwecke an, trennt euch davon dass verbindliche und gleichzeitig anonymisierbare, nachvollziehbare und das Wahlgeheimnis wahrende Ergebnisse dabei ausgeworfen werden können, sondern lediglich ein im Idealfall gut strukturierter Vorlauf für eine Präsenzveranstaltung generiert werden kann, der dann Parteitage effektiver und relevanter macht, mit mehr und fundierteren Beschlüssen zu Themen mit tatsächlicher Relevanz. Dann klappst auch wieder mit dem Wähler.
    Politik ganz easy und pseudonym vom Sofa aus mit dem PC zu gestalten, sorry, das wird nie funktionieren und immer eine Illusion bleiben. PC und online-Instrumente können immer nur, wie jede andere Technologie (Telefon, Rundfunk/Fernsehen, FAX, email) auch, ergänzend unterstützen. Auch in einer Piratenpartei.

    1. Hallo Bernd, danke für Deinen sehr wertvollen Post! WikiArguments kannte ich noch gar nicht. hast Du nen Link zu dem Wahlcomputerdilemma-Thema und dem CCC („es-geht-nicht!“)? Deren Analyse würde mich sehr interessieren.

      Das Thema an sich ist natürlich schwierig:

      Security Requirements

      1. Ballot Integrity (the outcome matches the voters intent)
      2. Ballot Secrecy (you can’t prove how you voted = preventing coercion)
      3. Voter Authentication (only authorized voters are able vote, they can only vote once)
      4. Enfranchisement (all authorized voters should have the ability to vote)
      5. Availability (the system is able to accept all votes in the time slot + produce results in a timely manner)

      Die Präsenzlösung ist eben nicht optimal, da sie je nach Ort unterschiedliche Beteiligungen mit sich führt und eben nicht zu einer guten Repräsentation führt. Insofern bin ich sehr an einer online-Lösung interessiert.

      Sobald das ID/Keine Mehrfachstimme-Thema gelöst wäre, würde ich schon sagen, dass alle von Dir oben aufgeführten Möglichkeiten bestehen. Prozesstechnisch kann eine Blockchain-basierte Lösung helfen, dass alles unverfälscht bleibt. Siehst Du da keine Möglichkeiten?

  3. Danke für Deinen Post Wolfgang! Ich stimme Dir zu, dass eine höhere Lösungsorientierung angesagt wäre, kann aber auch die verstehen, die sagen, dass es dann schon die richtige sein muss.

    Wie wäre es mit einem erweiterten Modell, das es Parteimitgliedern nicht nur gestattet mitzureden und Input zu geben sondern auch verbindlich mitzuentscheiden? Wie wäre es mit einer Mitbestimmungspartei? Siehe Artikel: https://shortcuttodirectdemocracy.com/die-mitbestimm-partei-als-erste-stufe-zur-direkten-demokratie/

    Natürlich bestehen noch keine Systeme und es müssten noch mehrere verwendet werden. Aber auch der Basis der DLT liesse sich da durchaus etwas Passendes schnitzen, komplett dezentral. Und dann wäre eine zentrale Lösung schon möglich.

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