#Glengate – oder: wie der Verbraucher durch die EU und das Landgericht Hamburg vor einer Gefahr geschützt werden soll, die es nicht gibt.
Ein Gastbeitrag der AG Singe Malt
Die schwäbische »Waldhornbrennerei« in Berglen steht in einem seit sechs Jahren andauernden Rechtsstreit gegen die übermächtige »Scotch Whisky Association« (SWA) auf verlorenem Posten und darf ihren Single Malt Whisky »Glen Buchenbach« nach dem heute gesprochenen Urteil nicht mehr »Glen« nennen.
Das gälische Wort »Glen« bedeutet »enges Tal«. Für die SWA steht es jedoch als Synonym für echten schottischen Whisky. 31 der 116 schottischen Brennereien tragen die Bezeichnung »Glen« in ihrem Namen. Die SWA sieht daher die Gefahr, dass der schwäbische Glen-Buchenbach-Whisky mit echtem Scotch verwechselt wird. Das Landgericht Hamburg, berüchtigt für sachferne Entscheidungen im Internetrecht, hatte den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Hilfe bei der Auslegung der Unionsregelungen zum Schutz geografischer Angaben gebeten. Henrik Saugmandsgaard Øe, Generalanwalt des EuGH, teilte bereits im Februar 2018 in einem Gutachten mit, dass »eine verbotene ›indirekte Verwendung‹ einer eingetragenen geografischen Angabe voraussetze, dass die streitige Bezeichnung mit der betreffenden Angabe identisch oder ihr klanglich und/oder visuell ähnlich sei, es aber auch nicht genüge, dass die Bezeichnung geeignet sei, in der Vorstellung des angesprochenen Verbrauchers eine wie auch immer geartete Gedankenverbindung mit der geschützten Angabe oder mit dem zugehörigen geografischen Gebiet hervorzurufen.« Der EuGH hatte den Fall an das Landgericht Hamburg zurückverwiesen. Dieses hat in seinem Urteil vom 07. Februar 2019 nun die Verwendung des Begriffs »Glen« untersagt.
Laut Interpretation des Landgerichts Hamburg werde nicht allein die direkte Verwendung der geografischen Herkunftsbezeichnung geschützt, sondern auch angrenzende irreführende Bezeichnungen. Dabei sei auf das einzelne Wort abzustellen, nicht auf den Gesamteindruck des Produkts. Klarstellende Hinweise auf der Verpackung zur Herkunft seien nicht ausreichend. Die meisten Whiskys in Europa mit dem Namensteil »Glen« seien jedoch schottischen Ursprungs. Deshalb darf die Brennerei Ihren schwäbischen Whisky nicht mehr unter der Bezeichnung »Glen Buchenbach« vertreiben. Damit widerspricht das Landgericht der Kernaussage des EuGH, das ja gerade auf den Gesamteindruck verwiesen hat.
Die AG SingleMalt der Piratenpartei Deutschland stellt die Entscheidung des LG Hamburg infrage. Als paneuropäische Partei lehnen wir ein Exportverbot für schottische Begriffe, selbst unter dem Deckmantel des »geistigen Eigentums«, ab. Die gälische Sprache sollte, wie jede andere auch, in ganz Europa frei verfügbar sein, um die gemeinsame europäische Kultur zu stärken. Gerade auch vor dem Hintergrund des wahrscheinlichen »Brexits« ist es wichtig, nicht eine Trennung herbeizuführen, wo keine ist.
»Hier versucht die SWA, in Platzhirschmentalität ihre Marktmacht durchzusetzen, obwohl es in dieser Härte nicht notwendig wäre. Der aktuelle Boom beim Whiskyabsatz sorgt dafür, dass allerorts kleine Schnapsbrennereien beginnen, als Nebenprodukt auch Whisky anzubieten. Dass dabei durch das Wort »Glen« ein Bezug zum schottischen Single-Malt-Original geschaffen werden soll, ist nicht zu verdenken. Eine Verwechslung eines schwäbischen Whiskys mit »Glen« im Namen mit einem Single Malt schottischer Herkunft ist selbst bei Nicht-Kennern ausgeschlossen. Wohlklingende Handelsmarken wie diese sind heutzutage in der Wirtschaft gang und gäbe. Sie finden insbesondere bei Discount-Supermärkten häufig Verwendung, so dass die Verbraucher sich gut damit auskennen. Dass vom Landgericht Hamburg erst ein Gutachten des EuGH angefordert werden musste, nur um selbiges nun doch nach strengsten Maßstäben auszulegen, zeugt hingegen von der Praxisferne einiger Richter. Das gefällte Urteil ist ein Schlag ins Gesicht nicht-schottischer Whiskyproduzenten. Das Landgericht Hamburg folgt damit seiner Linie, weltfremde Urteile zu fällen.«, so Henrik Eisele, Keeper of the Quaich der »AnfechtBAR« der Piratenpartei.
Guido Körber, Koordinator der AG SingleMalt,ergänzt: »Die Gerichte sollten den Verbrauchern mehr Sachkenntnis zutrauen. Der mündige Bürger kann gut unterscheiden, was echt ist und was nicht. Spätestens nach dem ersten Dram sollte man den Unterschied zwischen dem schwäbischen ›Glen Buchenbach‹ und zum Beispiel einem schottischen ›GlenDronach‹ schmecken. Dennoch ist die Position der Scotch Whisky Association verständlich. Durch den in Schottland mehrheitlich abgelehnten Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union steht die Gefahr massiver Handelsnachteile für schottisches ›Uisce Beatha‹, wie Whisky als ›Wasser des Lebens‹ im Gälischen genannt wird, am Horizont. Mit Wegfall der Vorteile des Europäischen Binnenmarktes drohen zudem neue Zölle auf Whisky. Auf Antrag der AG SingleMalt wurde daher bereits 2018 das Europawahlprogramm der Piratenpartei dahingehend ergänzt, dass die Piraten Freihandelszonen für die europafreundlichen britischen Landesteile Nordirland und Schottland fordern. Dann müsste sich die SWA nicht mehr fürchten, durch deutschen Whisky Marktanteile zu verlieren. Zumal die meisten Kenner auch weiterhin den echten Single Malt Whisky aus schottischer Produktion bevorzugen werden.«