Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
2 Wochen Urlaub sind zu Ende. 2 Wochen ohne Zeitdruck. Und jetzt geht es weiter mit dem Bullauge.
Diesmal mit einem eher außergewöhnlichen Thema. Nämlich der Außenpolitik. Die wird allgemein, nicht nur in der Piratenpartei, eher stiefmütterlich behandelt. Sie ist, wenn überhaupt, nur sehr selten Wahlkampfthema, allenfalls bei der Europawahl. Das verwundert mich ein wenig, denn Deutschland hat eine lange Tradition an außenpolitischen Erfolgen vorzuweisen. Zuletzt hat unsere Bundeskanzlerin Deutschland Reputation verschafft. Unser jetziger Bundeskanzler dagegen revidiert diesen guten Eindruck sehr nachhaltig. Ein Grund mehr, mal zu gucken, wie es denn bei den Piraten aussieht. Und das Erfreuliche vorweg. Wir stehen bei diesem Thema sehr gut da.
AG Außen- und Sicherheitspolitik
Ich bin kein Fan der AGs in der Piratenpartei, das ist kein Geheimnis. Das liegt an mehreren Dingen, die ich eventuell mal gesondert in einem Artikel besprechen werde. Diese AG allerdings ist zusammen mit z.B. der AG Energiepolitik und der AG Gesundheit eine der erfreulichen Ausnahmen. Sie ist aktiv, sehr produktiv und hat es sogar geschafft, außerhalb der Piratenpartei Beachtung, ja sogar Reputation zu finden bzw. zu schaffen.
https://aussenpolitik.piratenpartei.de/
Sie erstellt Lagebilder, liefert Hintergrundinformationen. Das alles ehrenamtlich, nebenberuflich. Gemessen daran ist der Output beachtlich. Und er ist von erstaunlicher Qualität. Ich kann das beurteilen, denn für einen Artikel mit ca. 800 – 1000 Wörtern kann schonmal eine Woche an Recherche drin sein bei einem Thema außerhalb Deutschlands. So wie man für ein innenpolitisches Thema die verschiedenen Quellen sozusagen abgrast, macht man das natürlich auch bei außenpolitischen Themen. Nur ist die Bandbreite an Quellen hier unvergleichlich höher. Gemessen daran bin ich schwer beeindruckt.
Außenpolitik innerparteilich
Mein Eindruck ist, dass die Mehrzahl der Piraten die Außenpolitik als eher lästige Begleiterscheinung betrachten. Wenn ich mir diverse Diskussionen so ansehe, dann sind das Diskussionen im Stammtischformat mit teilweise auch Stammtischparolen. Es herrscht ein erschreckendes Maß an Nichtwissen, aber auch Desinteresse vor. Das ist natürlich nicht die Schuld der AG und auch nicht unbedingt der Partei. In Deutschland interessiert man sich mehr für den eigenen Urlaub als den Krieg im europäischen Nachbarland. Es ist wesentlich leichter, eine Schlagzeile über den Ballermann zu produzieren und damit Aufmerksamkeit zu generieren als mit einem Krieg oder den aktuellen Vorgängen im Iran.
https://die-flaschenpost.de/2022/11/25/der-iran-und-tiere-die-wie-frauen-aussehen/
Klar, da geht es um Frauen, aber auch um Kurden, um Frauenrechte und um Gewalt. An Frauen, an Minderheiten, Andersdenkenden und der Bevölkerung allgemein.
Das ist weit weg, betrifft uns nicht. Und klar, da nimmt sich die Piratenpartei natürlich nicht von aus. Trotzdem finde ich etwas schade, dass wir diesen Aspekt der politischen Arbeit nicht etwas mehr fördern. Eben auch innerparteilich. Vielleicht ja mit einem Newsletter Außen- und Sicherheitspolitik für die interessierten Mitglieder, aber auch Außenstehende.
Außenpolitik Social Media
Auch hier ist die AG sehr aktiv und führt regelmäßig auf Twitter Spaces durch. Ich muss zugeben, das ist nicht so meins. Aber es gibt viele Menschen, die das mögen. Etwas mehr Werbung hierfür wäre da sicher gut!
Vielleicht kann die Flaschenpost da ja auch ein wenig helfen.
Vielleicht legen wir ja sowas wie einen Veranstaltungskalender an.
Außenpolitik Wahlkampf
Zu meinem Bedauern gehört die Außenpolitik in unserem Wahlkampf eher nicht zu unseren Themen. Das finde ich sehr bedauerlich, sind wir doch nicht nur eine europäische Partei, sondern eine internationale, wie mein Kollege Julian Häfner
https://die-flaschenpost.de/author/haeffner/
mit seiner Artikelserie über die verschiedenen internationalen Ableger aufzeigt.
Um nur zwei zu nennen, Weitere werden folgen.
Volt hat es vorgemacht mit Ihren Plakaten, und ich finde, auch die Piratenpartei sollte speziell dieses Element etwas mehr in Wahlkämpfen betonen.
Aber auch der innenpolitische Vergleich mit anderen Ländern wäre eine Möglichkeit. Außenpolitik ist kein Tabuthema. Und mir ist schon klar, dass es in einem Landtagswahlkampf eher schwierig wird, da etwas zu finden, geschweige den in einem Kommunalwahlkampf. Und doch gibt es immer mal wieder Punkte, die möglich wären. So zum Beispiel unabhängige Beschwerdestellen für die Polizei in Dänemark.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/polizeigewalt-daenemarks-unabhaengige-ermittler-wie-das-land-mit-beschwerden-umgeht-a-ed437109-a710-40ed-904f-11d23a170b33
Und ich bin sicher, es finden sich auch zu anderen Themen Bezugspunkte. Ad hoc würden mir beispielsweise das Thema Fahrräder und Holland einfallen oder das Thema Aggri Solar.
Fazit
Wir haben eine AG, die funktioniert, aktiv ist, und auch fachlich sehr gut zu sein scheint. Es wäre schön, wenn außenpolitische, aber auch sicherheitspolitische Fragen etwas mehr gewürdigt und auch diskutiert werden würde. Wenn ich das mit so manch anderem Thema vergleiche, dann schneiden diese zwei da ziemlich schlecht ab.
Allerdings setzt das natürlich auch Interesse voraus. Und ich muss zugeben, ich hab keine Ahnung, wie man das wecken kann. Vielleicht ist ja die Artikelserie über die internationalen Ableger der Piraten ein erster Schritt. Und ein wenig vermisse ich auch Mitglieder in der Piratenpartei, die nicht deutsch sind, nicht in Deutschland geboren sind. Vielleicht hängt das ja irgendwie zusammen. Flyer auf kurdisch, Mitgliedsanträge auf kurdisch, um nur eine Sprache zu nennen, könnten da helfen. Etwas mehr Multikulti und etwas weg vom Tunnelblick nur auf die Innenpolitik wäre ja zumindest einen Gedanken wert.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.