Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Wenn man älter wird, verändert man sich. Blickwinkel sind anders, vielfältiger und nicht mehr so starr. Die Welt ist im Wandel, immer. Und man selbst ändert sich mit. Bedauerlicherweise bringt das Alter aber nicht nur positive Dinge mit sich. Im Gegenteil, je älter man wird, umso größer werden einige Probleme. Die Gesundheit ist dabei einer der gravierendsten Aspekte.
Seit 1950 steigt das Durchschnittsalter weltweit kontinuierlich an.
Lag das Durchschnittsalter 1950 bei 23,5 Jahren, so war es 2008 bei 28,1 Jahren und 2015 bei 29,6 Jahren. Das jüngste Land war 2020 der Niger mit 14,5 Jahren. Japan hat die älteste Bevölkerung mit 48,6 Jahren, gefolgt von Deutschland mit 47,8 Jahren. Parallel dazu stieg auch die Lebenserwartung weltweit. Durchschnittlich haben Männer eine Lebenserwartung von 69,8 Jahre alt und Frauen von 74,9 Jahren. In Deutschland liegt die Lebenserwartung für Männer bei 78,6 Jahren und für Frauen bei 83,4 Jahren.
Damit wird klar, der Medizin und dem Gesundheitswesen kommt eine immer größere Bedeutung zu.
Die Corona-Pandemie
Anders als bei der Deutschen Bahn ist das deutsche Gesundheitswesen nicht kaputtgespart, sondern wurde zumindest in Teilen privatisiert, das heißt in wesentlichen Teilen der Marktwirtschaft unterworfen. Mit der Corona-Pandemie kam dann ab dem 01. Dezember 2019 ein weltweiter Härtetest. Da die Pandemie noch immer andauert, läuft auch der Härtetest unverändert weiter. Und in Deutschland zeigen sich heftige Risse und Schwächen.
Mehr als 6,8 Millionen Menschen sind weltweit an Corona gestorben. In Deutschland mehr als 173.000 Menschen bei insgesamt 38 Millionen Coronafällen in Deutschland. Das hat viele Krankenhäuser an den Rand der Katastrophe gebracht. Zuwenig Personal, das zu schlecht bezahlt wird und zu viel arbeiten muss. Es hat eine regelrechte Personalflucht im Krankenhausbereich eingesetzt. Dazu eine Politik, die die Interessen von Konzernen schützt und nicht die Ihrer Bürger. Ein neugewählter Gesundheitsminister, von dem alle gehofft haben, er würde etwas zum Guten ändern, und von dem sich jetzt alle enttäuscht abwenden, weil er genau wie alle anderen Politiker ist, der zwar viel redet, aber nur wenig bis gar nichts tut.
Und so schwinden die gut ausgebildeten Fachkräfte in der Pflege immer mehr. Entweder in komplett andere Berufe, oder wie zwei meiner Bekannten durch Auswanderung in die Schweiz. Es ist abzusehen, wann das deutsche Gesundheitssystem kollabiert.
Gewinnorientierung im Gesundheitswesen kann das gehen?
Ich glaube nicht. In Deutschland gibt es sogenannte Personaluntergrenzen. So z.B.:
Allgemeine Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie
Seit 1. Januar 2022: Tagschicht 10 Patienten pro Pflegekraft; Nachtschicht 20 Patienten pro Pflegekraft
Mehr Zahlen hier:
Im weltweiten Vergleich schneidet Deutschland dabei extrem schlecht ab:
Deutsche Krankenhauskonzerne verdienen dabei nicht schlecht.
Allerdings verschlechtert sich die Lage für Patienten dabei zunehmend. So z.B. für Kinder. Mit Kindern kann man schlecht Geld verdienen. Sie werden einfach krank und gerne auch mal öfter. Von Unfällen ganz zu schweigen. Sie sind im Wachstum, ungelenk, ihr Immunsystem ist noch nicht voll ausgebildet.
Dazu kommen Fallpauschalen, die das Vorhalten z.B. von Personal schlicht nicht abdecken.
Noch schlimmer sieht es bei den Kreißsälen aus. Gab es 1991 noch rund 1186 Krankenhäuser mit eigener Geburtsstation, so waren es 2018 nur noch 655.
- https://www.unsere-hebammen.de/aktionen/kreisssaalschliessungen/
- https://taz.de/Keine-Sicherheit-bei-der-Geburt/!5847561/
Aber nicht nur im Krankenhausbereich wird gewinnorientiert gearbeitet. Aufgrund meines Alters hat sich bei mir bei beiden Augen Grauer Star gebildet. Nun ist das heutzutage kein großes Problem mehr. Früher resultierte daraus letztendlich noch Blindheit. Heute bekommt man einfach eine Kunststofflinse statt der getrübten eigenen Linse eingesetzt. Dabei gibt es Standdardlinsen und Premiumlinsen. Die Premiumlinsen sind kostenpflichtig. Allerdings müssen die Werte der Linsen ja vorher bekannt sein. Dazu gibt es zwei Messverfahren. Einmal mit Ultraschall und einmal per Laser. Wenn ich der Erklärung der MFA (Medizinische Fachangestellte) glauben darf, dann ist das Laserverfahren wesentlich genauer als die Ultraschallmethode. Dummerweise bezahlt die Krankenkasse aber nur die Ultraschallmethode. Die Lasermethode hätte ich selbst bezahlen müssen. Kostenpunkt 70 €. Während ich bei dem Augenarzt war, haben mindestens 5 Leute diese 70 € bezahlt. Sogar Kartenzahlung war möglich.
Und ich habe mich gefragt, warum die Krankenkasse denn eine offenbar bessere Messmethode nicht bezahlt?
Gesundheitsreform
Unser Gesundheitssystem braucht eine Neuorientierung. Weg vom Gewinnstreben, hin zu einem Dienst am Bürger. Die Kosten dafür müssen sowohl die Bürger als auch die Unternehmen zahlen, da diese ja von einem guten System profitieren. Eine bessere Gesundheit bedeutet mehr Zufriedenheit, weniger Arbeitsausfälle etc.
Wir haben eine sehr gute AG-Gesundheit und auch sonst einiges an Fachwissen in diesem Bereich. Es wird Zeit, dass wir uns daran machen, eine solche Reform für das Gesundheitswesen zu entwerfen. Reduzierung der Krankenkassen, Überarbeitung der Rolle der MVZ (Medizinische Versorgungszentren), um nur zwei Schlagwörter zu nennen. Aber auch so merkwürdige Dinge wie die Dienstdauer von Ärzten in Krankenhäusern. Während wir peinlich genau darauf achten, dass unsere LKW-Fahrer Ihre Ruhezeiten einhalten, und das Nichteinhalten mit schweren Strafen belegen, sowenig interessiert es uns bei Ärzten, ob sie Ruhezeiten einhalten oder nicht. Dabei halten viele von Ihnen buchstäblich unser Leben in Ihren Händen.
Aber auch so merkwürdige Dinge wie Regressforderungen der Krankenkassen gegen Ihre Ärzte.
Überhaupt haben sowohl Krankenkassen als auch Kassenärztliche Vereinigungen teilweise sehr merkwürdige Vorstellungen, aber auch die Macht, diese durchzusetzen. Zudem sitzen in einigen Institutionen und Gremien an oberster Stelle Personen, die dort klar fehl besetzt sind, nach meiner Ansicht. So sitzt der Stiko (Ständige Impfkommission) mit Thomas Mertens ein zumindest dem Impfen nicht wirklich positiv eingestellt Arzt vor.
Auch sonst ist er eher durch zögerliches Handeln bekannt geworden, denn durch Entschlossenheit.
Es ist aber beileibe nicht die einzige Fehlbesetzung.
Mit Andreas Gassen sitzt ein äußerst umstrittener Arzt der kassenärztlichen Bundesvereinigung vor.
Aussagen wie diese lassen mich an der deutschen Ärzteschaft zweifeln:
Aber auch sonst ist er eher suspekt.
Hier kann die Piratenpartei viel tun. Und ich glaube, dass das Thema Gesundheit in Zukunft ein sehr wichtiges werden wird. Dazu gehört auch die Inklusion. Denn auch sie wird mit zunehmenden Alter immer wichtiger. Zeit, sich darauf vorzubereiten.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Sehr guter Artikel. Ich denke die Piratenpartei sollte Gesundheitsthemen viel offensiver kommunizieren. Ein wichtiges Thema mit dem man wohl auch deutlich mehr Wähler als bisher erreichen könnte.
FÜNF JAHRE Unterschied bei der Lebenserwartung zwischen Männern und Frauen? FÜNF? Und keine Partei thematisiert das?
Seit Jahren werden empfundene Ungerechtigkeiten durch das Land getrieben, die keiner Prüfung standhalten, aber bei diesem Fakt? Stille.
Die fünf Jahre beruhen vorwiegend auf einem unterschiedlichem Risikoverhalten, einer unterschiedlichem Bereitschaft den eigene Körper zum Arzt zu bringen wenn es weht tut und der unterschiedlichen Ernährung, vor allem bei alleinstehenden Männern.
Zudem sind Männer öfter Opfer tödlicher Gewalt (oder deren Versuch) als Frauen, auch Jungen sind öfter Opfer als Mädchen. Und von Körperverletzungen (die auch eine früheren Tod verursachen können). Und Unfällen mit Todesfolge bei der Arbeit oder dem Extremsport oder …