Bargeld | <a href="http://creativecommons.org/licenses/by-nd/2.0/">CC-BY-ND 2.0</a> <a href="http://www.flickr.com/photos/bankenverband/">Jochen Zick für Bankenverband</a>
Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Eine Aussage der Piraten ist:
Wir befürchten den Verlust der Anonymität.
Nur Bargeld bietet die nötige Sicherheit vor Missbrauch von Kontodaten und illegalen Geldtransfers.
Bargeld ist gelebter Datenschutz, solange keine überwachungssichere Währung wie der Bitcoin als allgemeines Zahlungsmittel gilt.
Alle diese Aussagen sind schon etwas älter. Sie sind in einer Zeit entstanden, als speziell in Deutschland das Misstrauen gegen Kartenzahlungen z. B. noch tiefverwurzelt war.
In der Zwischenzeit aber schließen reihenweise Banken ihre Filialen aufgrund des sinkenden Kundenverkehrs. Bargeldlose Zahlungsmethoden dominieren jetzt das Geschehen. NFC Chips, Paypal, QR-Code und andere ähnliche Verfahren via Karte oder Handy sind die Zahlungsmittel der Wahl an der Kasse im Discounter.
Ich muss zugeben, auch bei mir lässt der Gebrauch von Bargeld dramatisch nach. Ein Grund war sicher der Artikel über einen Rentner, der nach der Bargeldabhebung am Geldautomaten auf dem Nachhauseweg überfallen wurde. Ausgangspunkt ausgerechnet die Filiale, in der auch ich Geld abhebe.
Also egal, ob wir dagegen sind oder nicht, die normative Kraft des Faktischen überstimmt uns in absehbarer Zeit. Ist das Thema deswegen out? Nicht mehr bespielbar oder gibt es noch Wege, das Thema am Leben zu erhalten?
Der Einkauf
Ich hab mal wieder beim Einkaufen nicht aufgepasst und eine Margarine gekauft, die ganz offensichtlich schon mal jemandem heruntergefallen ist, mit der Folge, dass die Packung einen Riss hatte, und daraus resultierend war die brandneue Margarine unter der Schutzfolie schon munter am Schimmeln. Wie ärgerlich. Also Schuhe und Jacke an und ab zum Discounter. Es ist kurz nach 20 Uhr und ich hab natürlich überhaupt keine Lust. Also rein, die Margarine gegriffen, diesmal genau inspiziert und ab zur Kasse. Es gehts an Zahlen und ich lege meine Karte auf das Chiplesegerät.
Nope – keine Zahlung.
Die Kassiererin meint, ich sollte die Karte besser einlesen lassen. Gesagt, getan. Wieder nicht. Sie guckt mich bedauernd an und fragt, ob ich denn Bargeld hätte. Hatte ich glücklicherweise. Wir unterhalten uns, und ich erfahre, dass heute schon einige Probleme mit Ihrer Karte gehabt hätten. Die zweite Kassiererin meint, sie auch. In dem Moment fällt es mir ein. Ich hatte Freitag meine Telefonrechnung bezahlt und auf der Webseite der Sparkasse Folgendes sinngemäß gelesen:
Am Samstag den xxx ab 20.00 Uhr bis Sonntag 10.00 Uhr ist das online Banking wegen eines Update nicht erreichbar.
Überlesen habe ich dabei, dass da auch SB stand. SB, das steht für Selbstbedienung. Und damit ist klar, die Bezahlung im Discounter geht nicht.
Wie leicht man doch so eine wichtige Information überliest.
Folgen
Für einen Menschen, der wie ich z. B. #armutsbetroffen ist, können die Folgen schon verheerend sein. Hätte ich kein Bargeld gehabt, hätte ich die Margarine nicht kaufen können. Aber auch Menschen, die nicht wie ich nur eine Bankkarte haben, wären betroffen gewesen. In Hannover kann man Tickets für den ÖPNV nur noch bargeldlos, also mit Karte, kaufen. Das ist eine Präventionsmaßnahme, da in Hannover die Automaten gerne mal gesprengt werden. Alle Menschen, die also jetzt eine Sparkassenkarte und auch nur die haben, hätten jetzt keinen Fahrschein kaufen können.
Deutschland ist eine Digitalwüste. Das ist nicht unbedingt etwas Neues. Das Fax ist eines der bevorzugten Behördenkontaktgeräte. E-Mail-Adressen von Behörden sind nicht nur kryptisch, sondern auch so lang, dass man sie sich ganz sicher nicht merken kann.
Piraten
Vielleicht ist es an der Zeit, dieses Thema mal auf einen aktuellen Stand zu bringen. Eine Bank die nicht erreichbar ist wegen eines Updates? Fahrscheine, die man nicht kaufen kann, weil die Verbindung zur Zentrale gestört ist?
Es gibt sicher noch viel mehr Möglichkeiten, die ich nicht kenne. Wer da was weiß, gerne in die Kommentare schreiben.
Wir sind die technikaffine Partei. Vielleicht sollten wir hier mal ein paar Dinge sammeln und daraus dann programmtechnisch etwas machen. Immerhin gibt es ja mehr Möglichkeiten als nur das Update einer Bank. Was ist bei einem Stromausfall? Bargeld ja, aber auch eine Verbesserung der vorhandenen Technik! Hier gilt es Gründe zu finden und Argumente, die das dann belegen. Ein wahres Zukunftsthema.
Auch ein Thema für die Piratenpartei?
Klar ist, ich habe jetzt z.B. nur einen 1 € im Portemonnaie.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
