Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Boomer
Ich bin 1963 geboren. Das heißt, in wenigen Tagen werde ich 60. Für die Jüngeren bin ich ein sogenannter Boomer. Das ist die Generation, der viele die Schuld für fast alle heutigen Probleme geben. Und so ganz Unrecht haben sie damit nicht. Zumindest was mich anbetrifft. Denn ich habe mich erst mit Anfang/Mitte 50 für Politik interessiert. Wirklich aktiv geworden bin ich dann mit dem Eintritt in die Piratenpartei. Bis dahin war ich ein Mensch wie jeder andere.
Ich bin mit einem Kupferkesselbadeofen im Badezimmer und Kachelöfen in den Zimmern aufgewachsen. Ich kenne noch Kohlenrutschen auf der Straße, in denen die Kohle in den Keller geschüttet wurde. Meine erste eigene Wohnung war im vierten Stock, also war Kohle schleppen angesagt. Und natürlich bin ich Auto gefahren und habe mir keine Gedanken über das Klima gemacht. Ich bin in den Urlaub geflogen, bin beruflich sehr viel geflogen und ich hatte dabei weder ein schlechtes Gewissen, noch habe ich mir etwas dabei gedacht. Es war eine Wegwerfgesellschaft, und ich war Teil dieser Gesellschaft.
Aber mit zunehmendem Alter ändern sich Dinge. Der Blickwinkel ändert sich, das Umfeld, die Umwelt und schließlich auch die Menschen.
Und dann wird klar, man selbst ist nicht mehr die Zukunft. Das sind jetzt andere.
Zukunft
2024 ist die Zukunft mindestens 16 Jahre alt. Denn dann dürfen die 16-Jährigen bei der Europawahl zum ersten Mal wählen. Da trifft es sich gut, dass unser neuer Parteivorsitzender Lukas Küffner genau dies mit einer Wahlprüfungsbeschwerde eingeklagt hat. Und vielleicht wird ja die Jugend die politische Welt zumindest ein wenig aufräumen. Werden Lügen, die heute Fake News heißen, ja gnadenlos abgestraft. Sind statt Konzerninteressen die sozial Schwachen ein Thema. Schwerbehinderte und Kranke kein Klotz am Bein mehr, sondern Menschen, denen man helfen muss. Beschränkt sich der Schutz der Kinder nicht mehr auf radikale Datensammelwut und Überwachung, sondern auf reale Unterstützung und die Möglichkeit, auch mal Fehler zu machen. Natürlich überwiegen unter den Wählern noch immer die „alten“, aber vielleicht können die „jungen“ noch mehr bewegen, als ihnen selbst bewusst ist.
Dazu gehört vor allem, dass sie wählen gehen. Unpolitisch zu sein ist jetzt eher keine Option. Ich werde die schlimmen Auswirkungen der Klimakatastrophe wohl nicht mehr erleben, aber wir alle wissen, es wird noch viel schlimmer. Und um das zu verhindern, müssen die Betonköpfe, die Nein-Sager weg. Weg von den Schalthebeln der Macht. Und mit der Europawahl ist die Chance so groß wie noch nie.
Unsere ersten drei Kandidaten Anja Hirschel (41), Anne Herpertz (25) und Lukas Küffner (22) decken ein sehr großes Spektrum an Themen ab. Es braucht nur wenige Stimmen, um allen drei den Einzug in das Europaparlament zu ermöglichen, wo bereits 3 Piraten aus Tschechien sind und mit Patrick Breyer ein Pirat aus Deutschland. Piraten machen Politik für die Menschen, nicht für Unternehmen, Lobbyverbände etc. Wir sind nicht auf der Jagd nach Pöstchen, sondern versuchen zumindest, die Welt ein kleines bisschen besser zu machen. Das wird nicht immer klappen, und ganz sicher werden auch wir Fehler machen. Aber wir wissen alle, dass die anderen überhaupt kein Interesse daran haben, den Menschen zu helfen. Da werden Gesetzesvorlagen gleich mal komplett von einem Lobbyverein geschrieben oder zumindest von Mitarbeitern statt dem Abgeordneten (Urheberrechtsreform).
Europawahl
Vom 6. bis 9. Juni 2024 findet die Europawahl zum zehnten Mal statt. Und zum ersten Mal dürfen Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Ich kann nur hoffen, dass Ihr klüger seid als ich. Geht wählen! Bestimmt eure Zukunft selber und überlasst das nicht nur den Älteren. Natürlich ist nicht alles, was wir, die Boomer, machen, schlecht. Aber ein bisschen frischer Wind kann nicht schaden. Also geht wählen!
Und wenn Ihr die Piratenpartei wählt, wäre das ein deutliches Zeichen an die Etablierten, dass es so nicht weitergeht!
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.