
Fakenews
Ein Gastartikel von Arko Kröger
Vorab, das wird kein besonders in die Tiefe gehender Artikel, sondern mehr eine Art Rant. Wenn euch sowas nicht gefällt, ihr seid gewarnt.
Seufz
Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit den Medien, insbesondere mit den Zeitungen und deren Funktion beschäftigt.
Angefangen hat alles mit einer Nachricht über eine Rakete, die in ein Krankenhaus in Gaza eingeschlagen sein soll. Ich erinnere mich nicht mehr an alle Details, aber ich war ziemlich aufgebracht, weil ich mehrmals gehört habe, dass diese Rakete angeblich von Israel gekommen sein soll. Als ich dann gehört habe, dass die Informationen von einem Ministerium von der palästinensischen Regierung gekommen wäre, war ich noch aufgebrachter. Warum gibt man mir Informationen, die so offensichtlich nicht vertrauenswürdig sind? Mit jedem Tag, mit dem über den Vorfall berichtet wurde, wurde es schlimmer. Turns out, dass diese Rakete nur auf einem Parkplatz und nicht auf dem Gebäude selbst eingeschlagen ist und dass der Schaden kaum groß genug für die angeblichen 100 Leute war, die dabei ums Leben gekommen sein sollen. Währenddessen gingen die Spekulationen los.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2023-10/israel-ueberblick-gaza-explosion-usa-jordanien#
Für mich persönlich der dümmste Artikel zu dem ganzen Drama. Die Informationen, die ich hier bekomme, sind im Grunde genommen nichts anderes als eine Berichterstattung darüber, wer welche Erklärung zu diesem Vorfall glaubt. An dieser Stelle frage ich Sie folgendes: Welchen Wert hat diese Information für Sie? Objektiv gesehen ist diese Information so gut wie gar nichts wert, denn sie beinhaltet keinerlei Informationen über den Fall an sich, sondern nur über Aussagen dritter Parteien, die mit dem Fall nichts zu tun haben.
Jetzt mag man vielleicht denken, „Was ist denn das Problem?“ Das Problem ist, dass der Artikel nur noch mehr Informationen zu einem Thema verbreitet, welches schon an sich unübersichtlich genug ist. Noch mehr Informationen auf diesen Berg zu packen, die nicht mal einen richtigen Wert haben, macht es schwieriger, nicht leichter, an die Wahrheit heranzukommen. Aktuell sehe ich mich mit einer wahren Flut an Informationen unterschiedlichster Quellen und Qualität konfrontiert, für die ich als Individuum weder die Zeit noch die Kompetenz habe, um diese zu filtern und einordnen zu können, um zu verstehen, was wichtig und was richtig ist. Ich bin kein Raketenwissenschaftler und auch kein Nah-Ostexperte. Ich will nur verstehen, was los ist.
Der Fall hier ist ein Extrembeispiel, aber so ist es im Grunde genommen eigentlich bei jedem Thema. Sobald irgendeine Diskussion ausbricht, springen sofort alle aus dem Gebüsch und brüllen ihr Narrativ so oft und laut wie möglich durch die Gegend in der Hoffnung, dass etwas bei den Zuschauern hängen bleibt, während sie gleichzeitig auf ihren Gegner eindreschen, um seine Glaubwürdigkeit zu beschädigen. Das ist keine zivilisierte Diskussion, das sind Affen, die sich gegenseitig mit Scheiße bewerfen. Es ist extrem ermüdend und ich will nur, dass es aufhört.
Fakenews
Ich bin mittlerweile an einem Punkt, wo ich bei jedem Artikel schon unterbewusst darüber nachdenke, ob er irgendeine Form der Manipulation enthält, auf die ich gefasst sein muss. Ist die Quelle glaubwürdig? Gibt es irgendeine Form der irreführenden Argumentation? Ich könnte das stundenlang ausführlich beschreiben, aber ganz ehrlich, ich bin aktuell einfach müde.
https://skepticalscience.com/PLURV-Taxonomie-und-Definitionen.shtml

Im Grunde genommen, hab ich eine solche Angst davor, belogen zu werden, dass mein Vertrauen in die Medien und Politiker in den Keller gefallen ist. Und ich bin da leider nicht der Einzige.
Nur, mein Problem ist, dass ich als Konsument der Medien auf Vertrauen in diese Medien angewiesen bin. Denn wenn ich wie paranoid erstmal 5 Faktenchecks zu jedem Artikel suchen muss, den ich lese, mache ich am Ende mehr Arbeit als der Journalist selbst. Und, ganz ehrlich, das schaffe ich einfach nicht. Es gibt einen Grund, warum wir auf Experten vertrauen: Weil die meisten Themen eben sehr kompliziert sind. Es gibt einen Grund, warum wir mehrere Jahre zu nur einem einzigen Thema studieren.
Ich kann letzten Endes so viel Medienkompetenz fordern, wie ich will, am Ende muss ich zu einem gewissen Grad irgendwem vertrauen können, wenn ich nicht wirklich alles selbst überprüfen will.
Vertrauen
Das Schlimmste an „ich kann niemandem vertrauen“ ist aber, dass Vertrauen als Gefühl erklärtermaßen biased (voreingenommen) ist. Ich werde zwar nicht unbedingt allen misstrauen, aber auch nicht allen vertrauen. Wenn ich aber nur einer bestimmten Gruppe an Menschen vertraue, dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass meine Meinung am Ende ebenfalls stark biased ist. Das ist nicht nur ein Problem für mich, das trifft uns alle. Und wenn wir am Ende unsere Meinung alle so bilden, dann bilden sich Parallelwahrnehmungen, die miteinander so inkompatibel sind, dass wir einander vielleicht sogar noch mehr misstrauen, bis zu dem Punkt hin, wo wir denken „dieser Mensch muss weg“. Er ist gefährlich. Er ist ideologisch/gestört/wahnsinnig/macht-/geldgierig. Er verfolgt eine Agenda! Das ist auch vielleicht der eigentliche Mechanismus, der hinter der sogenannten „Blasenbildung“ steckt. Zwar glauben viele, dass Social Media zu Blasenbildung führt, aber ich bin mir nicht sicher, ob „Blase“ hier das richtige Wort ist, weil dies eine Art Abschottung suggeriert. Ist letzten Endes nur meine eigene Erfahrung, aber auf Twitter zumindest ist es vielmehr so, dass man sich über schlechte Takes der Gegenseite aufregt, um seine eigenen Vorurteile gegenüber der jeweiligen Gruppe zu bestätigen.
Die Argumente der Gegenseite erreichen zwar die eigene Blase, aber das bringt nichts, weil man diesen Menschen kein Vertrauen schenkt. Das ist der eigentliche Punkt. Deswegen halte ich „Blase“ auch für das falsche Wort. Es ist eher eine Art Stammesdenken. Daher würde ich es auch eher als politischen Tribalismus (Stammesbewusstsein) bezeichnen. Was das mit den Zeitungen zu tun hat fragt Ihr euch? Weil die Anschuldigung, dass jemand irgendeinen Blödsinn schreibt, immer verbunden ist mit der „politischen Ausrichtung“ der Medien. Dabei sollten Medien eigentlich gar keine Ausrichtung in dem Sinne haben, sondern vor allem die Wahrheit ans Licht bringen. Medien werden also als Teil des Stammes bzw. der Bubble (Blase) behandelt und damit dem selektiven Vertrauen ausgesetzt, welches Politik schon seit dem ich lebe (ich bin 22) dominiert und Politik so toxisch macht, wie sie aktuell ist. Der Punkt ist, ich darf einfach nicht nur selektiv die Informationen glauben, die mein Weltbild bestätigen, um mir eine objektiv akzeptable Meinung zu bilden, aber mein niedriges Vertrauen in die Medienlandschaft macht dies fast unmöglich. Daher brauchen wir ein radikales Umdenken darüber, wie die Medien Informationen an den Leser ausspielen und wie wir das Vertrauen in alle Medien wieder erhöhen. Dazu gehört auch, dass der deutsche Presserat endlich mal Strafen ausspricht, die höher sind, als nur eine Rüge. Die Jobbezeichnung des Journalisten muss geschützt werden. Der Journalismus wird nicht umsonst als die vierte Gewalt bezeichnet, und aus meiner Sicht sollte auch eine Regierung sie wie eine Staatsgewalt behandeln. Und dazu gehört nun mal auch Vertrauen. Oder würden Sie ein Urteil eines Gerichts akzeptieren, von dem sie ausgehen, dass es eigentlich im Hintergrund bestochen wurde?
Arko Kröger