Aus Strömungen innerhalb der Piratenpartei entwickelten sich inzwischen Flügel. Die meisten dürften sich entweder dem sozialliberalen oder dem progressiven Flügel zurechnen. Gelegentlich entsteht der Eindruck, als seien die Unterschiede zwischen diesen beiden Gruppen größer und unüberwindbarer als die Unterschiede zu anderen Parteien. Wir fragten beim Frankfurter Kollegium und der Progressiven Plattform, den großen Organisationen dieser Gruppen, nach Einsichten und Ansichten ihres Selbstverständnisses.
Flaschenpost: Hallo, die Progressive Plattform wurde während des BPTs in Halle im Foyer gegründet. Was sollte mit der Gründung erreicht werden?
Progressive Plattform: In Halle trafen sich im Foyer Menschen, welche in dem neu gewählten Bundesvorstand keine Vertretung ihrer Positionen gesehen haben. Ein weiterer Auslöser war die offene Feindseligkeit gegenüber Menschen, die eine andere Meinung vertraten als jene scheinbar lautstarke Mehrheit der Anwesenden.
Wir wollten ein Zeichen setzen und besprachen im Foyer, wie mit diesem Verhalten der Mehrheit umgegangen werden kann. Dort nahmen wir uns zum Ziel, das Netzwerk und den Verein „Progressive Plattform“ aufzubauen.
Die Progressive Plattform versteht sich als Sammlungsbewegung für alle Menschen, die progressive Politik unterstützen und vorantreiben wollen, egal ob innerhalb der Piratenpartei, in anderen Parteien oder in anderen Zusammenhängen. Das Netzwerk hat derzeit 300 Mitglieder und wächst stetig.
Flaschenpost: Soll die Piratenpartei durch eure Arbeit progressiver werden oder wollt ihr die progressiven Positionen im Programm einfach nur erhalten?
Progressive Plattform: Wir wollen progressive Positionen in allen Parteien voranbringen, also auch in der Piratenpartei. Es ist ja das Wesen unseres neuen Progressivismus, dass sich Positionen stets weiterentwickeln – insofern geben wir uns nirgends mit den bisherigen Forderungen zufrieden.
Flaschenpost: Worin besteht die Hautaufgabe der Plattform?
Progressive Plattform: Die Progressive Plattform will progressive Politik in die Gesellschaft tragen und dafür alle Kräfte sammeln, die gleiche Ziele verfolgen. Dies kann auf verschiedensten Wegen erfolgen – durch die Anregung innerparteilicher Diskurse, Veranstaltung von Konferenzen und eine eigenständige Öffentlichkeitsarbeit.
Flaschenpost: Was hat sich seit dem aBPT in Halle in der Piratenpartei verändert?
Progressive Plattform: Die Piratenpartei entfernt sich Schritt für Schritt von progressiver Politik und verliert hierüber ihre wichtigsten öffentlichkeitswirksamen Persönlichkeiten. Leider ist bei fast allen Parteien wie auch in der gesamten Gesellschaft ein solcher „Rechtsruck“ hin zum Konservativismus zu erkennen – hin zu Besitzstandswahrung sowie Angst vor Veränderung und Zukunft.
Genau diesem Trend stellen wir uns selbstbewusst entgegen, immer und überall. Mit unserem positiven Menschenbild, mutigen zukunftsweisenden Positionen und mit Zivilcourage.
Flaschenpost: Welche Pläne gibt es für die nächste Zeit?
Progressive Plattform: Wir präzisieren unsere thematische Ausrichtung und bauen eine eigene Öffentlichkeitsarbeit auf. Wir arbeiten zudem an der Konsolidierung des Aufnahmeprozesses. Für Ende Oktober ist unsere Vereinsgründung
geplant.
Flaschenpost: Danke für die Beantwortung der Fragen und der Plattform viel Erfolg.
Redaktionsmitglied Michael Renner
Meine Karriere als Redakteur bei der Piratenpartei startete 2009 beim Bundesnewsletter, aus dem 2010 die Flaschenpost hervorging. Im Sommer 2012 wurde ich stellvertretender Chefredakteur, Anfang 2014 Chefredakteur. Da die unzähligen Aufgaben an der Spitze der Flaschenpost einen Vollzeitjob in der Freizeit mit sich bringen, machte ich nach zwei guten, aber auch stressigen Jahren zwei Schritte zurück und gab die Redaktionsleitung ab. Die gewonnene Freizeit wird in die Familie und mein zweites großes Hobby, den Amateurfunk, investiert.