
Piraten wirken | CC BY 2.0 Michael Renner

Die Bilanz der Piratenfraktion im Kieler Landtag kann sich sehen lassen: Der Jahresrückblick der Landtagszeitung 2014 dokumentiert einige der Initiativen der letzten Monate, aber auch die Energie der Piratenfraktion: Allein 159 kleine Anfragen stellten die Piraten, davon gingen 80 Anfragen auf Patrick Breyers Initiative zurück (Platz 1 aller Abgeordneter). Er hielt zudem 65 Reden im Landtag.
Erfolgreiche Gesetzesentwürfe
11 Gesetzesentwürfe brachten 2014 die Piraten ein, das ist für eine kleine Fraktion eine beachtliche Zahl. Davon wurden vier mit kleinen Änderungen angenommen, und zwar die Gesetzesentwürfe „Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Schleswig-Holsteinischen Landtages (Kündigungsschutz nicht gewählter Wahlbewerber nach einer Landtagswahl)“, „Aufhebung der landesrechtlichen Vorschriften über die Berufstracht von Rechtsanwälten“, „Schaffung von Transparenz politischer Weisungen gegenüber Staatsanwälten“ sowie „Stärkung der Partizipation auf Kommunal- und Kreisebene (erleichtertes Streaming von Gemeinde- und Kreistagssitzungen)“. Die Bundeswebseite bietet weitere Informationen und Statistiken zum Wirken der Piraten in Schleswig-Holstein.
Erwähnenswert sind die großen und kleinen Erfolge der Piraten aus Kiel. Die komplette Liste aller Aktionen ist zu lang für einen Artikel und außerdem bereits online, insofern lohnt es sich, einige Initiativen exemplarisch auszuwählen.
Transparenz und Bürgerbeteiligung durch Streaming
Der Kieler Landtag lernt durch die Piraten tatkräftig Transparenz umzusetzen, denn seit 2014 werden auf Initiative der Fraktion hin die Sitzungen der Ausschüsse des Landtags (z.B. Sachverständigenanhörungen) über das Internet per Livestream übertragen.
Seit dem Frühjahr 2014 sind Livestreams durch den bereits erwähnten angenommenen Gesetzesentwurf der Piraten auch in Kommunen leichter möglich. Das Streaming von Sitzungen der Kommunalvertretungen (z.B. Gemeinderat, Stadtvertretung, Kreistag) war vor dem neuen Gesetz nur durchführbar, wenn der Entschluss einstimmig fiel, also höchst selten. Diese Hürde konnten die Piraten durch ihre Gesetzesinitiative senken, denn nun kann die Entscheidung über die Live-Übertragung einer Sitzung durch einen Mehrheitsbeschluss gefasst werden.
Transparenz im Landeshaushalt
Die Visualisierung der Einnahmen und Ausgaben auf dem Portal der Piraten “Kassensturz SH” veranschaulicht für interessierte Bürgerinnen und Bürger den Landeshaushalt. So ist die Kassenlage für jeden auf einen Blick erfassbar und nachvollziehbar. Außerdem bietet das Portal Bürgern die Möglichkeit, eigene Fragen zum aktuellen Haushalt einzureichen.
Inklusion durch die Verwendung von Leichter Sprache
Einstimmig hat der Kieler Landtag im Sommer 2014 auf Initiative der Piraten beschlossen, verstärkt Leichte Sprache zu nutzen. Vielen Politikern anderer Parteien gefiel dieser Beitrag zur Inklusion sehr gut. Sogar die Reden zu dem Antrag wurden konsequent von den Abgeordneten in Leichter Sprache gehalten und auch die Presseerklärung dazu wurde in Leichter Sprache verfasst. Dort steht:
Auch Informationsschriften, Broschüren, Flyer, Texte im Internet und Presseerklärungen möchte der Landtag zukünftig in Leichter Sprache schreiben lassen. Heike Franzen (CDU) erklärt : „Das ist nicht leicht. Wir alle müssen Leichte Sprache üben.“
Umweltschutz und Asylpolitik
Zum Thema Umweltschutz und zum Thema Asylpolitik steht Angelika Beer für Anträge, die wirkten. Unter Mitwirkung der Piraten wurden Tierschutzverbandsklagen eingeführt, sie ermöglichen seit 2014 Klagen der Tierschutzverbände gegen tierquälerische Massentierhaltung. Die Initiative der Piraten zur Katzenkastration hatte 2014 erste Erfolge: 150 000 Euro erhielt, auf Antrag der Piraten hin, das Projekt zur Kastration der 75 000 frei lebenden Katzen, um die Katzenüberpopulation in Schleswig-Holstein einzudämmen.
Im Aktionszeitraum vom 5.10-14.11.14 erhielten bedürftige Tierhalter eine finanzielle Unterstützung für die Kastration ihres Tiers. Kommunen können zudem verfügen, dass in bestimmten Gebieten unkastrierte Katzen nicht nach draußen dürfen und dass frei laufende Katzen gekennzeichnet und registriert werden müssen.
Die Initiative gegen Plastikmüll
50 Cent sollen Schleswig-Holsteiner zukünftig pro Plastiktüte bezahlen, forderten die Piraten und lösten damit eine kontroverse Debatte im Kieler Landtag aus. Der Hintergrund für die Forderung ist die fatale Umweltverschmutzung durch den unüberlegten Verbrauch von Plastiktüten, denn ein Europäer nutzt 198 Plastiktüten pro Jahr – diese landen nach Gebrauch oft im Müll und verschmutzen die Umwelt. Deutsche liegen mit der Verwendung von 71 Tüten pro Bürger unter dem europäischen Durchschnitt, aber die Iren brauchen nur noch 20 Tüten, seit sie einen Euro pro Tüte zahlen müssen. Auf 45 Tüten im Schnitt möchte die EU bis zum Jahr 2025 den „Tütenverbrauch“ der EU-Bürger senken – dies ist jedoch kein ehrgeiziges Ziel, wenn man bedenkt, dass aktuell 7,5 Millionen Tonnen Plastikmüll die Meer verschmutzen. Dieser Müll benötigt 500 Jahre um zu verrotten und eine Vielzahl von Tieren stirbt, weil Plastikmüll in ihre Nahrungskette gelangt.
Einen Ideenwettbewerb für clevere Beutel und Becher fände Angelika Beer geeignet, um die Bürgerinnen und Bürger zu sensibilisieren.
Außerdem hat die Piratenfraktion einen Antrag gestellt, dass sich die Landesregierung im Bundesrat für die Änderung der europäischen Verpackungsrichtlinie (EU-Richtlinie_94/62/EG) einsetzt. Diese Richtlinie gestattet nämlich bisher die keine Erhebung einer Gebühr auf Plastiktüten.
Asylpolitik
Für Flüchtlinge erreichte die Piratenfraktion im Dezember 2014 ein Winterabschiebestopp. Dies ist ein großer Erfolg, da die Abschiebung von Flüchtlingen im Winter deren Leben gefährdet, weil sie häufig völlig mittellos in ihr Heimatländer zurückkehren müssen und dort schutzlos den klimatischen Bedingungen ausgeliefert wären.
Die Mitarbeit an der modernisierten Landesverfassung
Abschließend sei erwähnt, dass die Piratenfraktion an der neuen Verfassung Schleswig- Holstein erfolgreich mitgeabeitet hat und in den Bereichen Datenschutz, Transparenz und Bürgerbeteiligung einiges erreichte.
Ausblick auf 2015
Auch 2015 wird ein interessantes, hoffentlich erfolgreiches Jahr für die Piraten in Kiel, denn einige Initiativen werden noch beraten. Besonders wichtig ist die Gesetzesvorlage zum „Schutz des Wassers vor Gefahren des Fracking-Verfahrens“, denn viele Bürgerinnen und Bürger befürchten, dass in Schleswig-Holstein in Kürze gefrackt wird, wenn keine gesetzliche Grundlage dies verhindert. Die Abschaffung von Anhalte- und Sichtkontrollen in Grenz- und “Gefahrengebieten” ist immer noch im Fokus, um die Freiheitsrechte der Schleswig-Holsteiner gegen anlasslose Überwachung zu verteidigen. Außerdem werden sich die Piraten weiter für die Lösung des Problems engagieren, wie bezahlbarer Wohnraum geschaffen und geschützt werden kann.