Zum Stichtag 22. Januar wurden genau 63 Anträge in der Antragsfabrik des Bundesparteitags in Lampertheim eingereicht. Wir schrieben die Antragsteller an und baten sie ihre Anträge vorzustellen. Ingo Höftss Antrag trägt den Titel Beauftragungen. Dazu schreibt er Folgendes:
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, um ein paar
Hintergrundinformationen zu meinem Antrag zu geben. Die eher
vordergründigen Argumente stehen ja im Antrag.
Wir Piraten hatten uns mal darüber aufgeregt, dass die etablierten
Parteien in verkrusteten Strukturen verharren und es kaum Gelegenheit
für einfache Mitglieder zur Mitwirkung gibt. Eine fest gefügte
Elite kontrolliert, wer dazu gehören darf. Ein Indiz dafür
ist das bekannte „Hochdienen“. Und wehe, man eckt auch nur in einer
Hirachiestufe an, dann ist man weg vom Fenster. Erstaunlicherweise haben
die Wahlen der Gremien darauf keinen Einfluss.
vom Landesverband Rheinland-Pfalz. Dort war ich 1 Jahr Beisitzer
und dann 3 Jahre bis Mitte 2014 polititscher Geschäftsführer.
Anschließend bis heute bin ich als Generalsekretär tätig. Dazu
hatte ich mich entschlossen, damit ich besseren Einblick in die
Strukturen der Parteiverwaltung bekomme, um so direkter der Bildung von
„Interessensgemeinschaften“ entgegen wirken zu können. Schwerpunkt
meiner politischen Arbeit ist das Transparenzgesetz in Rheinland-Pfalz,
sowie Volks- und Bürgerentscheide, wobei ich letztere auch selbst in
der praktischen Durchführung begleitet habe.
Das liegt aber daran, dass sich die Macht in Parteien nicht aus den
gewählten Gremien ergibt, sondern aus deren Verwaltung. Und diese wird
eben nicht gewählt und auch nicht demokratisch kontrolliert. Durch
Spezialisierung in der Parteiorganisation verschaffen sich „Experten“
Kenntnisse, die andere nicht haben und auch nicht bekommen, zumindest
nicht freiwillig. Sie machen sich damit unverzichtbar. Dann fangen sie
an, Beauftragungen zu vergeben, damit sie Unterstützung bekommen.
Nach welchen Kriterien diese Beauftragungen vergeben werden, dürfte
unmittelbar einsichtig sein. Auf diese Weise bilden sich Eliten, die
dafür sorgen, dass nur ausgewählte Personen in ihren Kreis aufgenommen werden.
Dieses läuft nach einer gewissen Gesetzmäßigkeit ab und hat wenig
zu tun mit dem Verhalten einzelner Personen. Dieses festzuhalten ist
mir besonders wichtig, denn ich möchte mich nicht gegen bestimmte
Personen richten. Es ist festzustellen, dass solche Tendenzen auch in
der Piratenpartei bereits vorliegen. Viele von uns kennen sicherlich
jemanden, vornehmlich in der Verwaltung, „der das schon immer macht“.
Wenn man dann aber Vorschläge macht, oder eine modifizierte Abwicklung
wünscht, dann wird darauf einfach nicht eingegangen. Und plötzlich
stellt man fest, dass man es hinnehmen muss, weil man keine Alternative
hat ohne Drohung, dass der Job geschmissen wird. Fragt man diese
Piraten nach einer Beauftragung, so erhält man auch darauf keine
Antwort. Zumindest ging es mir so. Zudem hört man in letzter Zeit
öfters den Spruch „mehr Top Down wagen“ und der Ruf nach politischen
Führungspersonen verstummt nicht.
Mir ist es ein Anliegen, dieser Gesetzmäßigkeit entgegen zu wirken.
Ansonsten landet die Piratenpartei genau da, wo andere etablierte
Parteien stehen. Mir ist auch klar, dass ich in etablierten Parteien
keine Chance hätte. Da würde ich sofort in die Quertreiber-Ecke
gestellt. Aber die Piratenpartei hat noch ein Alleinstellungsmerkmal,
das helfen kann: ihre höchste Instanz ist die Basis! Ich bin
zuversichtlich, dass diese regulatorisch eingreifen kann. Einen Beitrag
dazu soll mein Antrag SÄA016 zu „Beauftragungen“ sein, wonach nur
Organe Beauftragungen ausprechen können und dieses entsprechend
dokumentiert sein muss.
Und ja, um eine Vorhaltung vorweg zu nehmen: auch ich bin ein „Experte“.