
Neuland | <a href="https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.en">CC BY SA 3.0</a> Frank Vincentz via <a href="https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Radevormwald_Neuland_01.jpg">Wikimedia Commons</a>

Was das Internet angeht, ist Deutschland leider immer noch Neuland – daran hat sich auch in den letzten Jahren, seitdem Bundeskanzlerin Merkel diesen Ausdruck prägte, nur langsam etwas geändert. Gesehen haben wir das in den letzten Wochen vor allem zum Thema Störerhaftung: Zuerst war die Freude groß, dass die Bundesregierung endlich die Haftungsfrage für WLAN-Betreiber klären wollte, nur um im letzten Moment noch einen Rückzieher zu machen.
Doch ein weiteres Thema beschäftigte Netzaktivisten und Interessierte die letzten Monate. Es geht um das sogenannte DSL-Vectoring. Das ist eine Technik, die eine erhöhte Bandbreite bei Kupferkabeln ermöglichen soll. In einem dichten Kabelstrang findet oft ein sogenanntes „Übersprechen“ statt – das bedeutet, dass (DSL-)Signale auf einzelnen Kabeln in einem Kabelbündel sich untereinander beeinflussen. Da oftmals tausende Teilnehmer über ein Kabelbündel angeschlossen sind, ist dieses Übersprechen meist verantwortlich für geringe Geschwindigkeiten beim Surfen.
Das DSL-Vectoring soll eine Lösung dafür sein. Kurz gesagt, wird durch eine bestimmte Kanalkodierung das Übersprechen – also die störenden Signale – der einzelnen Leitungen untereinander reduziert. Dabei gibt es allerdings ein Problem: In einem Kabelbündel befinden sich die Leitungen unterschiedlicher Anbieter, die unterschiedliche Dienste für ihre Kunden darauf laufen lassen (bspw. VDSL, ADSL, ISDN). Damit ein Anbieter DSL-Vectoring einsetzen kann, muss er aber Zugriff auf das gesamte Kabelbündel haben.
Damit sind wir bei der kontrovers diskutierten Entscheidung der Bundesnetzagentur. Für die Deutsche Telekom ist es natürlich einfacher, vorhandene Kupferkabel weiter zu verwenden, DSL-Vectoring einzusetzen und damit die Geschwindigkeit der Anschlüsse zu erhöhen, anstatt neue Glasfaserkabel zu verlegen. Um das umsetzen zu können, beantragte die Telekom bei der Bundesnetzagentur, mehr Vectoring bei ihren Hauptverteilern einsetzen zu können. Das würde natürlich bedeuten, dass alle anderen Anbieter an diesem Anschluss nichts mehr anbieten könnten, da die Telekom das komplette Kabelbündel am Verteiler dazu benötigten würde.
In einer umstrittenen Entscheidung stimmte die Bundesnetzagentur diesem Antrag zu. Zwar gab sie gewisse Einschränkungen mit auf den Weg, die Deutsche Telekom wurde dennoch gegenüber den anderen Anbietern bevorteilt. Von dem Telekommunikationsunternehmen erwartete die Bundesnetzagentur lediglich ein „Versprechen“, den Ausbau an einem betroffenen Verteiler umzusetzen, um den Zuspruch für das Vectoring an diesem Verteiler zu bekommen. Die Hürde für andere Anbieter war ungleich höher.
Das schien ein schwerer Schlag für die Netzneutralität: Kritiker der Vorgehensweise der Bundesnetzagentur sprachen schon von einer Remonopolisierung der Deutschen Telekom. Der Bundesverband Breitbandkommunikation – bestehend aus den Konkurrenten der Telekom – erwog bereits eine Verfassungsklage. Währenddessen legte die Bundesnetzagentur den Entwurf der zuständigen EU-Komission vor. Doch der Widerstand wurde nicht weniger – selbst der eigene Beirat der Bundesnetzagentur kritisierte die Entscheidung stark.
Doch nun kommt der Rückzug. Die Vermutung liegt nahe, dass auch die EU-Komission starke Kritik verlauten ließ. Die Bundesnetzagentur verkündete, dass der aktuelle Entwurf zurückgezogen wird und noch einmal komplett überarbeitet werden soll. Das lässt natürlich erst einmal darauf hoffen, dass ein verbesserter Entwurf entstehen soll, der sich mehr an den Werten eines freien Netzes orientiert. Immerhin war es der Widerstand von vielen Seiten gegen die „Remonopolisierung“, der die Bundesnetzagentur dazu bewegte, ihren Entwurf zurückzuziehen.
Allerdings sollte die Hoffnung noch auf Sparflamme laufen. Die Bundesnetzagentur blieb vage und äußerte sich noch nicht, wie genau dieses Änderungen aussehen sollten. Ob also das Ergebnis auch den Kritikern gefallen wird, bleibt offen. Wir sind gebrannte Kinder: Wir freuten uns auf das Ende der Störerhaftung, nur um am Ende wieder enttäuscht zu werden. Das kann hier wieder passieren. Nichtsdestotrotz lohnt es sich, weiter für die Netzneutralität zu kämpfen.
Vectoring hat nichts mit Netzneutralität zu tun.
Netzneutralität bedeutet, daß (IP-) Pakete unabhängig von ihrem Inhalt bestmöglich transportiert werden. Das kann auch ein Monopolist leisten. Umgekehrt garantiert ein reger Wettbewerb bei den Transportdienstleistern noch lange nicht, daß auch nur einer davon Netzneutralität hochhält.
Das sind also zwei völlig verschiedene Baustellen.
Ja, da hast du Recht – rein theoretisch kann das auch ein Monopolist leisten. Aber in der Theorie hört es damit auch schon auf, findest Du nicht? Es gibt jetzt bereits genug Fälle, in denen sich die Telekom nicht an die Netzneutralität hält. Ein Best-Effort-Netz lag ihnen nicht wirklich am Herzen, als sie sich für Überholspuren im Internet aussprachen. Bis jetzt sind sie damit nicht (völlig) durchgekommen, aber wenn sie plötzlich in großen Teilen Deutschlands der einzig verfügbare Anbieter wären, sähe das schon ganz anders aus. Diese Vectoring-Entscheidung hat also durchaus direkten Einfluss auf die Netzneutralität. Sicherlich, es gibt noch viel mehr Auswirkungen – aber in diesem Artikel wollte ich mich darauf konzentrieren. Entschuldige, wenn nicht ganz klar geworden ist, wie ich das meinte.
Bei Netzneutralität geht es um die (priorisierte) Übertragung von Datenpaketen, sozusagen den „Inhalt“ im Kabel. Vectoring führt nur dazu, dass sich das Frequenzband im kupferbasierten Anschlussnetz weitet und damit mehr Datendurchsatz ermöglicht wird. Das ist unabhängig davon, welcher Content wie durch die Leitung geschickt wird.
Siehe meine Antwort auf den anderen Kommentar 🙂
danke für die technische erklärung, bei uns im haus hatten wir letzte woche so einen fall, die vodafone kunden hatten 2 tage kein internet u. telefon, netzknoten im keller ist von O2 und der Techniker sagte mir es ist ein netzrauschen auf den leitungen, hat er behoben…, hat wieleicht mit sowas zutun, da Sie O2, vodafone u. telekom sich erstmal einig werden mussten…, und der mieter, kunde ist immer der dumme…,
thanx u. gruss tomas from Pirate Party of Berlin