Was haben Albert Einstein, Mumble-Sitzungen, Matrix und Telegram- oder Signalkanäle bei den Piraten gemeinsam.
Richtig. Nichts.
Oder doch?
Eine sicher spannende, oder törichte, Frage. Je nach Position.
Doch wenn man näher hinschaut, lässt sich sehr wohl ein (in)direkter Zusammenhang herstellen.
Ah ja, werden sich die geneigten Leser:innen des Beitrags nun fragen: „WTF, wie soll das denn funktionieren?“
Ok, machen wir uns gemeinsam auf die Reise:
Über Albert Einstein viele Worte zu verlieren, auf seine großartigen Leistungen hinzuweisen: Genau das erspare ich mir an dieser Stelle. Neben seinen wissenschaftlichen Arbeiten hat jedoch Albert Einstein auch eine ganze Menge an klugen, und manchmal auch hintersinnigen, tiefsinnigen und nachdenkenswerten Sprüchen hinterlassen.
Und genau diese weisen dann eben auch im Jahr 2022 eine sehr große Parallele zu Personen, aber eben auch zu IT-Tools wie dem Mumble, Telegram oder #younameit auf.
Immer noch interessiert? Na dann los
Stellen wir gemeinsam mal eine relative Theorie auf. Können wir. Wollen wir. Machen wir, da machen einfach krasser als wollen ist.
Das erste Zitat, mit dem ich Euch dann konfrontieren möchte, ist Folgendes:
Zeit ist das, was man an der Uhr abliest.
Kennen wir sicher alle. Oder eben fast alle. Zeit ist irgendwie relativ und doch wieder nicht. 60 Sekunden können wie im Flug vergehen, aber sich manchmal auch wie die verdammte Ewigkeit anfühlen.
Aber was hat das mit Mumble, Telegram und Co zu tun?
Schauen wir uns an, was man auf Mumble und den diversen Tools so treiben kann, und was dann wirklich mit der verfügbaren Zeit so alles angestellt wird..
Dazu bemühen wir einfach mal eine Musterrechnung:
Durchschnittlich sind an den Wochentagen immer so zwischen 10 und 35 Menschen aktiv im Mumble oder diversen anderen Tools unterwegs. Meistens natürlich Abends, denn tagsüber hat man in der Regel seinen Broterwerb. Oder im Homeoffice etwas zu tun. Oder Kinder und Familie. Gründe gibt es viele. Ganz egal wie dann entsprechende AG-Sitzungen besucht werden (mal 2 Mitglieder, mal 5 – je – nach AG), oder der große Zuspruch von bislang stattfindenden Sitzungen des Bundesvorstandes (auch schon mal bis 40 Teilnehmer) dann ist, wir nehmen einfach mal die 25 im Durchschnitt. Natürlich könnt Ihr hier gern eine Zahl Eurer Wahl einsetzen.
Nun wissen wir ja alle, dass bei der Piratenpartei jeder mitmachen und mitreden darf, egal ob Mitglied oder nicht. Dem konzedieren wir und sagen …. dass von diesen angenommen 10 – 35 Menschen ungefähr 15 eine Mitgliedschaft in der Partei haben. Und es ist dabei völlig unerheblich, ob zahlend oder nicht.
Bleibt uns also ein Rest von Rest 15, der sich dann jeden Tag so zwischen 2 und 5 Stunden (nach Lust, Laune, Verfügbarkeit und Frustrationstoleranz) auf Mumble, Telegram, Matrix oder welchem Tool auch immer in diversen Räumen und Kanälen herumtreibt. Also einigen wir uns hier auf durchschnittlich 3 Stunden. Okay? Gut! Dann weiter. Ja, ich weiß, natürlich ist niemand die ganze Woche auf Mumble oder Telegram unterwegs. Irgendwann hat man ja auch mal ein Real-Life, eine vernachlässigte Freundin oder Frau oder einen Freund oder Kinder oder … dem/der Zeit und Aufmerksamkeit geschenkt werden will, soll, darf … oder auch muss. Einigen wir uns jetzt auf 3 Tage die Woche, die jeder der 15 Leutchen dann in den diversen Kanälen zugange ist? Ja? Danke. Also weiter.
Und klar, Teilnahmen an AGs, BuVo-Sitzungen oder thematischen Sitzungen finden dabei natürlich auch statt.
Doch STOPP.
Vielmals beschäftigen sich diese Mumble-Runden auch mit „Themen“, die der Natur der Sache nach weniger produktiv sind, oder sein können. Dabei denken wir natürlich an all die heißen Diskussionen über Schiedsgerichtsturbulenzen, wer oder was denn nun die „üblichen Verdächtigen sind“ – oder wer nicht, fehlende BuVo-Statements, rechtliche Beurteilungen von Handlungen ohne Jurist zu sein, pseudorechtliche Mutmaßungen und all dergleichen Dinge mehr, die scheinbar immer wieder „Spaß“ machen und unweigerlich die ungeteilte Aufmerksamkeit aus den anderen Räumen oder Kanälen abziehen. Das kennt entweder jeder selber, oder kann es ganz leicht beobachten. Eintritt frei 🙂
Jedoch, wir wollen ja weiter rechnen.
Also gehen wir spaßeshalber einfach mal davon aus, dass 50 % der Zeit der verbliebenen 15 Leutchen sich genau um diese Themen drehen. Dann bleiben schlanke 1,5 Stunden übrig, die sich tatsächlich mit effektiver thematischer, redaktioneller oder (Hilfe!) sogar programmatischer Arbeit beschäftigt wird. Oder andersrum, 50 % der Zeit geht für Schwurbeln drauf.
Und nun begeben wir uns gemeinsam auf die Spuren von Adam Ries und rechnen einfach mal:
15 Leutchen x 1,5 Stunden x 3 Tage = 67,5 h/Woche. Oooops, mehr als gedacht, oder? Genau!
Diese Zeit ist eben nicht nur das, was man an der Uhr ablesen kann. Genau diese Zeit geht der Piratenpartei wöchentlich verloren. Verloren mit Themen und Diskussionen, die einzig und allein den Zweck haben sich zu empören, mit Wissen oder Halbwissen zu glänzen, sich mit anderen Mitgliedern oder Vorgängen zu beschäftigen.
Schade. Schade auch deswegen, weil wir ja noch nicht am Ende des Rechenweges angekommen sind. Wir können das ja noch besser. Echt?
Klar doch, also weiter.
Also nehmen wir uns die 67,5 h/Woche und rechnen diese mal auf das Jahr hoch. Natürlich hat das Jahr 52 Wochen, von denen wir aber eben mal großzügig 8 Wochen pauschal für Abwesenheiten, Urlaube, Krankheiten und andere Dinge abziehen. Bleiben also summasummarum 44 Wochen.
44 Wochen x 67,5 Stunden ergeben dann die stattliche Summe von 2.970 Stunden. Und da wir ja ganz geschickt und findig sind, rechnen wir auch flugs mal aus, was das in Euro sein würde. Und dazu nehmen wir als Stundenlohn … genau, den gerade eben beschlossenen Mindestlohn.
Also weiter gerechnet sind das 2.970 Stunden x 12,00 Euro = 35.640 Euro.
Genau. Richtig gelesen. Diese Summe wenden Mitglieder auf, um sich mit $Dingen zu beschäftigen. Mit $Dingen, die der Partei als Gebilde nicht sonderlich helfen. Die nicht in programmatische oder politische Arbeit münden. Die keinen In- oder Output der Arbeitsgemeinschaften befördern oder vielleicht gar den ein oder anderen Beitrag für die darbende Öffentlichkeitsarbeit generieren. Oder was immer hier an Tätigkeiten stehen könnte, die die Partei voranbringen könnten.
Oder um bei der Stundenanzahl zu bleiben:
Wie viele Konzepte, Positionspapiere, Anträge, Blogbeiträge, Pressemeldungen, Programmweiterentwicklungen und so weiter könnte man mit diesen genau 2.970 Stunden pro Jahr vollbringen? Oder auch nur den politischen Gegner außerhalb der Piraten in Verlegenheit bringen durch politische Arbeit? Oder Fragen zu aktuellen Themen stellen? Oder …
Diese Frage darf dann natürlich jedes Mitglied für sich selber beantworten.
Nicht auszudenken, wenn wir diese Zeit nutzen würden.
Sicher, es werden viel mehr Stunden aufgebracht, um diese Partei voranzubringen. Stunden vor Ort, durch die (Gott sei Dank noch vorhandenen) Mandatsträger:innen, in der Kommunalpolitik, beim Plakatieren oder Wahlkampf.
Dafür allein schon allen Aktiven einen großen Dank für die Zeit, die Mühe, die Hingabe!
Dennoch finde ich es persönlich höchst bedauerlich, dass eine Partei trotzdem so viel Zeit einfach wegwirft. Und klar, wir sind ab und an sehr tolerant wenn es darum geht $Dinge zu entschuldigen oder hinzunehmen. Offenbar auch, wenn es darum geht, dass nichts geht. Also bleibt die Frage: Wieviel Toleranz können wir uns leisten? Kleiner Side-Step: Ullrich Slusarczyk hat sich dazu übrigens in einem anderen Artikel Gedanken gemacht.[1] Aber nun wieder zurück.
Und genau deswegen werfe ich Euch noch ein zweites Zitat von Albert Einstein um die Ohren:
„Mehr als die Vergangenheit interessiert mich die Zukunft, denn in Ihr gedenke ich zu leben.“
Wie wahr. Wird sicher jeder von uns unterschreiben.
Wir wollen gestalten. Verändern. Es anders machen. Es besser machen. Auch mal Dinge infrage stellen.
Doch genau bei diesen Themen wie oben beschrieben beschäftigen wir uns eben NICHT mit der Zukunft, sondern mit der Vergangenheit. Mit Fragen, ob der, die oder das in einer bestimmten Funktion der Partei nun mehr geschadet oder genützt haben. Mit Fragen, ob denn jetzt mehr Parteitage im Osten, Süden, Norden oder Westen stattgefunden haben. Fragen, ob gewisse Maße körperlicher Eigenschaften vorzeigbar sind oder nicht. Ob wir gerade links, vorn, rechts, oben, unten … oder einfach nur ganz schrecklich durcheinander sind. Ihr kennt sie sicher alle selber, diese Themen. Die Liste ist unerschöpflich.
Und nervig. Und unsäglich. Vor allem aber, überflüssig.
Natürlich spräche nichts dagegen, wenn man dies tun würde, um zu analysieren, daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Vorschläge zu erarbeiten oder einzubringen, wie etwas konkret besser werden könnte. Gemeinsam.
Doch mal ganz ehrlich. Machen wir das? Nein, eher wohl nicht oder wenn, dann in homöopathischen Dosen.
Und genau deswegen ist es noch viel schlimmer um die Zeit, die wir da regelrecht vergeuden. Denn sie fehlt uns. An allen Ecken und Enden. Und kommt nicht wieder. Und das ist nun wirklich nicht mehr relativ. Dies ist einfach ein Fakt.
Lasst uns also alle gemeinsam, jede(r) für sich, schauen, dass wir mit der verfügbaren Zeit wieder sinnvolles für die Piraten anstellen. Wie oben beschrieben diese Zeit in Konzepte, Positionspapiere, Anträge, Blogbeiträge, Pressemeldungen, Mitarbeit in Arbeitsgemeinschaften, Programmweiterentwicklungen oder andere hochspannende aktuelle, oder auch visionäre Sachen, stecken. Lasst uns einfach mal wieder dieses verflixte $Ding mit dem Namen Politik machen.
Die Zeit wartet nicht auf uns. Nutzen wir sie. Sinnvoll.
Oder, um wieder Einstein zu bemühen:
„Die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim alten zu belassen und zu hoffen, dass sich etwas ändert.“
Und ja …. bevor jetzt jemand fragt: Natürlich hätte ich in der Zeit, als ich diesen Beitrag geschrieben habe, auch etwas Sinnvolleres tun können. Sicher. Nur kann ich da beruhigt entgegnen, dass ich mir genau diese Zeit für das Schreiben des Beitrags von der Schlafenszeit abgeknapst habe. Weil ich es wollte. Weil es mir wichtig war. Auch 02:45 Uhr.
[1] https://die-flaschenpost.de/2021/12/17/eine-floskel-namens-toleranz/
Also ich finde Piraten müssten mal wieder öffentlich sichtbar werden. Infostände, fragt die Bürger was diese wollen und so weiter.
Solange Piraten hauptsächlich unproduktive Selbstbeschäftigung betreiben sind sie für mich leider komplett unwählbar geworden. Als Bürger erwarte ich von einer Partei das diese mit mir kommuniziert und Kontakt mit mir aufnimmt, das tun Piraten aber nicht. Also wähle ich halt etwas anderes, so einfach ist das.
sehee ich ganz genau so wie Dietmar Stengl. Raus in den Straßenkampf, die Themen liegen doch auf dem Präsentierteller. Selbstbeschäftigungh bringt keine Stimmen. Und öffentlich habe ich die Piraten leider schon sehr lange nicht mehr wahrgenommen