Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Seit dem Zeitpunkt Ihrer Gründung 1970 war die Rote Armee Fraktion (RAF) die terroristische Vereinigung schlechthin in Deutschland. Klar kommunistisch, mörderisch und bis heute das Feindbild fast aller Politiker. 1998 lösen sie sich selbst auf. 33 gesicherte Morde. 1 weiterer, bei dem unklar ist, ob die Polizei oder die RAF der Täter ist. Die RAF diente als Grundlage für sehr viele auch heute noch gängige Methoden, um Andersdenkende zu diskriminieren, diffamieren und zu kriminalisieren und eben nicht nur für die Rasterfahndung.
Da sind die offiziell von der Bundesregierung bis zum 30. September 2020 anerkannten 109 Toten von rechtsextremer Gewalt deutlich mehr, doch gesprochen wird kaum über sie. Konsequenzen sind Mangelware und auch die Verfolgung der Morde ist kein Vergleich zu denen der RAF.
Nimmt man jetzt noch die Tatsache, dass rechte Morde erst seit 1990 staatlich erfasst werden, wird klar, dass die offizielle Zahl eventuell deutlich zu niedrig ist.
Thomas Billstein z.B. hat das Buch „Kein vergessen“ geschrieben, in dem er rechtsextreme Morde seit der Gründung der Bundesrepublik dokumentiert. Er kommt auf insgesamt 315, davon 41 sogenannte Verdachtsfälle.
Aber seit einigen Jahren gibt es eine neue Terrorismusform. Und sie unterscheidet sich eklatant von den Bisherigen. Die neuen Terroristen tragen Anzug und Krawatte. Stehen in der Mitte der Gesellschaft oder sehen sich selbst zumindest da. Sie sind hauptsächlich Politiker. Dazu gesellen sich noch Journalisten, die in Verlagen arbeiten, mit klarer politischer Agenda. Auch hier gibt es bereits Tote. Nach meiner Meinung 2. Eines der Opfer: Walter Lübke. Jetzt wird ein kollektiver Aufschrei erfolgen und alle werden sagen, ja, aber der wurde doch von einem rechtsextremen getötet. Was für ein Terrorismus soll denn das sonst sein?
Stochastischer Terrorismus
Seit Beginn des neuen Jahrtausends gibt es den Begriff. Bedauerlicherweise ist er weder wissenschaftlich noch juristisch bisher ausreichend untersucht und gewürdigt worden. So ist er bis heute nicht strafbar, ja nicht mal juristisch erfasst. Und doch gibt es ihn.
Ein sehr gutes Beispiel dafür ist der Mord an einem Tankstellenmitarbeiter, der, nach dem er auf die damals geltende Maskenpflicht hingewiesen hatte, erschossen wurde.
Der Täter wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Die Frage ist allerdings, ist er alleine schuld, oder sind am Ende gar nicht alle Täter vor Gericht gewesen?
Die Kita und die CDU
Eine hessische Kita teilt den Eltern mit, dass man ab diesem Jahr keine Geschenke mit den Kindern mehr zum Vater- und Muttertag mehr basteln will. Es wird auf die geänderten gesellschaftlichen Bedingungen hingewiesen und dass nicht jede Familie unbedingt der Norm entsprechen muss. So weit, so völlig harmlos und gesellschaftlich gesehen belanglos. Doch die CDU sieht das anders. Und Tilman Kuban, seines Zeichens Bundestagsabgeordneter, ehemaliger Vorsitzender der Jungen Union, verleiht dem ganzen Reichweite, indem er den Brief ungeschwärzt, also mit voller Adresse (juristisch: doxxen)veröffentlicht.
Zwar korrigiert er das dann später, der Schaden ist aber angerichtet.
Dem Wahnsinn sind keine Grenzen mehr gesetzt…Irgendwie find ich es ziemlich cool, wenn man Kindern beibringt seiner Mutter einfach mal Danke zu sagen für ihren Megaeinsatz Tag für Tag! #muttertag pic.twitter.com/YT6oLX7psy
— Tilman Kuban (@TKuban96) May 8, 2023
Den Tweet zu löschen, kommt aber offenbar nicht infrage. Zu groß die mediale Aufmerksamkeit, die ja genutzt werden muss, um den Wähler zu zeigen, man ist noch da, und dass man auf die Werte dieses Landes achtet.
Zum Feiertag gemacht, wurde der Muttertag übrigens von den Nazis 1933 und 1934 erstmals begangen.
Für mich ist Tilman Kuban damit ein stochastischer Terrorist, genau wie Hubert Aiwanger (Freie Wähler, Bayern), der das Schreiben ebenfalls veröffentlichte und die Kontaktdaten dabei immerhin so weit erkennbar waren, dass die Kita einwandfrei identifiziert werden konnte.
Die katholische Kirche, die Träger der Kita sind, greift Kuban daraufhin scharf an und nennt ihn einen Populisten. Ein Populist?
Er hat das Leben der dort Angestellten, der Kinder und Ihrer Eltern bewusst und wissentlich gefährdet. Also Kollateralschäden (Begleitschaden) in Kauf genommen zur Erlangung medialer Aufmerksamkeit. Das sieht auch die katholische Kirche so. Bemängelt aber nur, dass er sich nicht entschuldigt hat.
Auch eine Löschung des Tweets wird nicht gefordert, genauso wenig wie strafrechtliche Konsequenzen, was ich persönlich sehr enttäuschend finde.
Zwar sagen sie, dass Tilman Kuban wissen musste, was er da anrichtet, fordern dann aber keine Konsequenzen. Man will es sich ja dann doch nicht mit der Politik verscherzen.
Ein Einzelfall
Ist das nicht. Da werden Mitglieder der letzten Generation mit den Taliban verglichen. Und schon gehen genervte Autofahrer und Passanten auf selbige los und wollen sie sogar in Brand stecken.
Und wir? Wir sehen darüber hinweg. Es betrifft uns ja nicht.
- Ich war das ja nicht.
- Ich würde das nie machen.
- Ich kann ja nichts dafür, wenn ein anderer das macht.
- Ich habe doch nur gesagt……
Der Faschismus ist schon längst da und er trägt Anzug.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Demokratisch gewählte CDU Mitglieder als Terroristen zu diffamieren ist ein Unding. Passt da mal besser auf das da nicht mal jemand Strafanzeige wegen Verleumdung gegen euch Piraten stellt. Ich werde diesen Bericht dazu mal an die CDU weiter leiten, vielleicht wollen die ja tätig werden.
Das Piraten zudem für Internetzensur eintreten indem Sie fordern das CDU Tweets die ihnen nicht gefallen gelöscht werden sollen…. Hahhaha, Witz des Tages. Piraten als Partei der Internetfreiheit fordern doch tatsächlich Internetzensur und verbot anderer Meinungen. Leute, ihr habt euch gerade als Heuchler entlarvt !
Das Anschreiben der Kita so zu veröffentlichen ist im übrigen sehr transparent. Ich dacht Piraten würden für mehr Transparenz stehen ?
Transparenz ist es, aufzuzeigen, dass ein Politiker völlig unpolitische Kinder bewusst und willentlich für politische Zwecke missbraucht und so gefährdet. Der Strafanzeige wegen Verleumdung sehe ich gelassen entgegen. Zensur ist etwas völlig anderes. Z.B. ihren ziemlich aggressiven Kommentar nicht zu veröffentlichen.
Also Sorry Leute. Wenn ich da mal wieder Aggro war. Hab wiederr tief ins Whisky Glas geguckdt. Freitag. Hahaha
Whiysky und Bier ich sage dir ! Ich bin ja nichtmal Mitglied bei den Piraten. Lol.