Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Immer mal wieder flammt das Thema in der ein oder anderen Form in der Piratenpartei auf. Und jedes Mal ärgere ich mich aufs Neue. Und deswegen habe ich mich dazu entschieden, darüber zu schreiben. Vorher allerdings muss ich ein paar Begriffe zweifelsfrei definieren.
– Der antifaschistische Schutzwall –
Für mich war er das Ende der Welt. Wenn ich aus meiner ersten selbst gemieteten Wohnung nach links gegangen bin, war ich nach ca. 10 Min. an einer S-Bahnbrücke, die unten zugemauert war, weil auf der anderen Seite Ost-Berlin war. Habe ich meine Wohnung geradeaus verlassen, war ich nach ca. 15. min. an der Bornholmer Brücke, deren Überquerung durch einen Grenzübergang verhindert wurde.
Die Wikipedia definiert ihn so:
Es gibt noch eine andere Betrachtung, die euch nicht vorenthalten möchte:
– Antifa 1-
Antifa ist die Abkürzung für „Antifaschistische Aktion“. Es ist keine real existierende Organisation, sondern der Name für etwas, das sich gegen den Faschismus richtet. Im Prinzip bedeutet das, wenn ich mich auf die Straße stelle und „Nazis raus“ rufe, wäre das schon eine antifaschistische Aktion.
Womit wir auch schon bei meiner Definition sind. Denn für mich ist die antifaschistische Aktion weder gegen Kapitalismus, Imperialismus oder gar den Staat. Allerdings wird der Name auch sehr gerne im Zusammenhang mit Gewalt genannt. In dem Zusammenhang muss allerdings ein weiterer Begriff erst definiert werden.
Hier noch ein paar Definitionen zu Antifa:
Der Verfassungsschutz definiert Antifa erwartungsgemäß etwas anders:
Und an der Stelle unterbreche ich die Definition und definiere einen weiteren Begriff, der zwingend erforderlich ist für alles Weitere.
– Schwarzer Block –
Der schwarze Block ist genau wie die Antifa keine Organisation, sondern es handelt sich um eine Demonstrationsform. Sie ist politisch nicht zuzuordnen, und deckt alle politischen Spektren ab, die Gewalt befürworten und ausüben wollen.
So definiert die Wikipedia den schwarzen Block:
Und da mir schon vorgeworfen wurde, Wikipedia wäre nicht neutral, sondern beeinflusst, hier noch ein Link, wie die GdP (Gewerkschaft der Polizei) den schwarzen Block definiert.
An dieser Stelle definiere ich noch einen Begriff, von dem jetzt viele sich fragen werden, was der hier zu suchen hat. Aber es hat seinen Grund, warum er hier auftaucht.
– Hooligan –
Ein Hooligan bzw. in der Mehrzahl die Hooligans werden in der Regel mit gewalttätigen Fußballfans in Verbindung gebracht. Es gibt sie auch in anderen Sportarten, aber hauptsächlich ist der Fußball davon betroffen und leidet darunter.
Wikipedia:
Bundeszentrale für politische Bildung:
https://www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/500786/hooligans/
– Antifa 2 –
Ok, nachdem ich die Begrifflichkeiten geklärt habe, zurück zur Antifa. Sie wird in Verbindung gebracht mit Gewalt. Und das stimmt auch. Allerdings sind diese Gewalttaten fast immer von den „schwarzen Blöcken“ verursacht worden. Zur Freude vor allem konservativer Politiker, die dadurch das Wort Antifa negativ belegen konnten, und so politisch Andersdenkende diskreditiert haben, weil selbige ja Gewalt unterstützen.
Wenn man sieht, wie Politik heute funktioniert, dann hat das ganz hervorragend funktioniert.
Es gibt aber noch etwas in Sachen Antifa, das man erwähnen muss. Der Begriff wird nämlich gerne von allen möglichen Akteuren gekapert, was ja auch leicht ist, da es eben keine Organisation ist und sich demzufolge niemand wehren kann.
Hier steht z.B. folgendes: Klimaschutz heißt Antifa
https://www.soli-antifa-ost.org/karlsruhe-zusammenstehen-gegen-repression-klimaschutz-heisst-antifa/
Was für ein Blödsinn. Selten so einen Quatsch gehört.
Für mich ist die Antifa genau das, was ich weiter oben beschrieben habe. Aber es gibt noch eine wichtige Ergänzung. Sie ist gewaltfrei, und zwar absolut. Gewalt hat in der Politik nichts zu suchen. Diktatoren wie Adolf Hitler, Stalin oder Mao haben uns mehr als deutlich gezeigt, was Gewalt in und mithilfe der Politik anrichtet. Und mit Putin haben wir jetzt erneut einen Politiker, der uns das drastisch vor Augen führt.
Geschichtliches
Ich bin 1963 geboren, also im sechzigsten Lebensjahr. Ich habe Menschen mit eintätowierter Nummer auf dem Unterarm kennengelernt.
Überlebende des Warschauer Ghettos und ich hatte einen sehr guten Geschichtsunterricht in der Schule, in dem das Dritte Reich einen sehr großen Raum einnahm.
Allerdings ist es was völlig anderes, so eine Nummer in real und die dazugehörige Person zu sehen als ein paar Fotos aus einem Geschichtsbuch. Der größte Unterschied ist es, wenn man dann die Geschichte dazu hört. Das ist kein Lehrer, der einem da was erzählt. Da ändert sich plötzlich die Stimme, die Haltung, der Ausdruck in den Augen. Da ist man plötzlich ein Stückchen dabei. Man sieht den Schmerz, das Grauen und vieles mehr. Etwas, das einem kein noch so guter Unterricht beibringen kann. Ich war in Sachsenhausen, mit der Schule. Und ich bin ehrlich, ich erinnere mich zwar an den Geruch in der Gaskammer, aber mehr erinnere ich mich daran, dass es keinen Kuchen im Konsum zu kaufen gab und es da furchtbar nach Chemie roch. Schließlich haben wir dann doch selbstgebackenen Käsekuchen bekommen, der ganz offensichtlich so gut wie keinen Zucker hatte und furchtbar schmeckte.
Was ich damit sagen will, ist, ich habe einen relativ nahen Blick auf die Vergangenheit werfen können und das hat mich sehr deutlich geprägt. Der Faschismus in Form der Nationalsozialisten hat die Welt in einen Weltkrieg gestürzt. Millionen Menschen das Leben gekostet. Aus Fehlern soll man lernen. Das ist mir immer und überall gesagt worden. Zu Hause, in der Schule, in der Lehre. Aber wenn ich mich heute so umsehe, dann ist das mit dem Lernen wohl nur eine Floskel gewesen. Da erreicht die AfD ein Umfragehoch nach dem anderen, während Gerichte mithilfe eines Gummiparagrafen Menschen zu Gefängnis verurteilen, nur auf der Grundlage von Indizien und fragwürdigen Zeugen. Da ermitteln Staatsanwaltschaften gegen Journalisten, weil diese über eindeutig rechtsextreme Polizisten berichten. Politiker erzählen Dinge, die bar jeder wissenschaftlichen Grundlage sind, und wundern sich, dass rechtsextreme Parteien immer mehr Zulauf haben.
Gewalt
Der schwarze Block wie auch die Hooligans sind gewaltbereite Extremisten, denen es mehr um die Gewalt als alles andere geht. Sie schaden immer genau denen, auf dessen Seite sie vorgeblich sind. Bei den Fußballfans kann man das wunderbar beobachten, wie die Polizei einfach wahllos Fußballfans einkesselt oder sogar den Zugang zum Stadion verwehrt ohne Ansehen der Personen. Da landen Menschen in der Datei: Gewalttäter Sport, obwohl sie an der entsprechenden Veranstaltung nachweislich gar nicht teilgenommen haben. Und so braucht es plötzlich Fananwälte, statt dass die Stadien voll sind mit ganzen Familien.
Und genauso ist es in der Politik. Egal wo schwarze Blöcke auftauchen, schaden sie den Beteiligten und vor allem der Sache extrem. Leider unternimmt niemand wirklich etwas dagegen oder distanziert sich schon im Vorfeld. Und so können Gewalttäter z.B. den Begriff Antifa einfach kapern und Schaden anrichten.
Und mittendrin die Piratenpartei.
Wir
Da postet ein wohl junger Pirat auf Twitter, dass der BuVo (Bundesvorstand) von der Antifa übernommen wurde. Wieder einer, der die Bedeutung des Wortes nicht wirklich kennt. Da wird darüber gestritten, ob man sich an Aktionen beteiligt, die „Free all Antifas“ als Thema haben. Und wenn man sich dann darüber ärgert, wie der Begriff Antifa mal wieder gebraucht wird, und dann versucht zu korrigieren, wird man wie immer zusammengeschissen und versucht, mundtot zu machen, mit dem Hinweis auf Gewalt. Weil das ja der Partei schaden könnte, wenn man mit Gewalt in Zusammenhang gebracht werden kann.
Nun sind wir ganz offiziell eine „Splitterpartei“. Wir bewegen uns bei den Wählerstimmen im Nachkommabereich und nicht im Vorkommabereich. Und wir sind Politiker. Aber scheinbar sind wir nicht in der Lage, den Menschen unseren Standpunkt klarzumachen.
In unserer Satzung steht:
Artikel 1 (1)
Totalitäre, diktatorische und faschistische Bestrebungen jeder Art lehnt die Piratenpartei Deutschland entschieden ab.
Da steht also ganz klar, dass wir antifaschistisch sind. Was da nicht steht, ist, dass wir Antifa sind. Denn wie oben definiert, ist Antifa ja nur eine Abkürzung und bezeichnet eine Aktion gegen Faschismus und eben nicht eine Organisation, Partei etc.
Das heißt aber nicht, dass wir z.B. das Signet nicht benutzen dürfen oder unser eigenes von der Pirantifa.
Oder an Aktionen teilnehmen, die sich gegen den Faschismus wenden und gewaltfrei sind.
Seit ich in der Partei bin, gibt es andauernde Diskussionen über „die Antifa“. All diese Menschen, von denen ich so viel gelernt habe, sie alle würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie sehen würden, was wir in Deutschland aus „Antifa“ gemacht haben.
Und die Piratenpartei? Ja, sie hat eine ganz klare Satzung. Aber das war es auch schon!
Wir unternehmen nichts. Nicht gegen die AfD, gegen Neonazis und was da sonst noch alles so kreucht und fleucht, und so tut, als wenn man sich auf dem Boden der fdGO (freiheitliche demokratische Grundordnung) bewegt und dabei nur eins ist, nämlich genau gegen diese fdGO.
Bloß niemanden verschrecken, ja nicht Position beziehen. Das könnte ja Wähler kosten. Ach wenn wir doch nur welche hätten.
Allerdings müssten wir dazu Politik machen, und die ist Mangelware bei uns!
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Ähm…. Aber es gibt schon ganz viele Piraten die gegen AfD agieren….
Aber oftmals ist es nur ein reagieren. Mann demontiert gegen die AfD und reagiert auf deren Aktionen. Die AfD behält somit die Initiative des Handelns, ANTIFA reagiert darauf nur.
Das reicht nich, da muss man besser mit eigenen Themen in die Offensive gehen um die AfD dazu zu zwingen zu reagieren.
Warum distanzieren sich die Piraten nicht vom schwarzen Block, der der facto viele Antifa”-Gruppen dominiert?
Der Zweck heiligt nicht die Mittel!