Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Wir sind Menschen, und das bedeutet, Fehler sind vorprogrammiert. Es bedeutet aber auch, wir können aus Fehlern lernen. Das trifft sowohl auf den Einzelnen als Individuum zu, als auch auf Organisationen wie z.B. eine Partei.
Und genau da hapert es beträchtlich in der Piratenpartei.
Fehler erkennen
Das fängt schon bei der Erkennung dessen an, was wir landläufig als Fehler ansehen. Das ist teilweise witzig, weil die Definition darüber, was ein Fehler ist und was nicht, doch relativ eng gefasst sind.
In der Wikipedia wird er wie folgt definiert:
„Ein Fehler ist die Abweichung eines Zustands, Vorgangs oder Ergebnisses von einem Standard, den Regeln oder einem Ziel.“
In diesem einen Satz wird unglaublich präzise definiert, was ein Fehler ist.
Wenn also etwas bestellt wird, das dann zu einem vorher bestimmten Termin nicht da ist, dann ist das ein Fehler. Und das Ansprechen darauf ist keine unsachliche Kritik, sondern das Ansprechen eines Fehlers, mit dem Ziel, selbigen entweder zu beheben oder zumindest für die Zukunft zu vermeiden. Und genau hier beginnen die Probleme in der Piratenpartei.
Denn hier wird vieles als unlautere Kritik abgebügelt, statt aus den Fehlern zu lernen. Das gilt in gewisser Weise nicht nur für einzelne Personen, sondern auch für die Partei als Organisation. Ein Wahlergebnis von 0,34 % kann nicht unser Ziel sein.
Wir müssen also etwas falsch gemacht haben!
Wenn man aber was falsch gemacht hat, dann sollte man doch den Fehler möglichst nicht wiederholen.
Fehler vermeiden
Da die Vorstände in der Partei ja spätestens alle zwei Jahre neu gewählt werden müssen, ist es nicht gerade selten, dass völlig neue Leute im Vorstand sind.
Und hier wäre, um Fehler zu vermeiden, eine Dokumentation sehr hilfreich. Beispielsweise eine Dokumentation über die einzelnen Wahlen nach Bundesländern, da diese ja auch regional noch unterschiedlich sind.
Fristen, Termine, Anzahl der Unterstützungsunterschriften, die für die Wahlzulassung erforderlich sind und wie sich z.B. Mandate berechnen (panaschieren, kumulieren, etc.).
Dass Mandatsträger, egal auf welcher Ebene, automatisiert Informationen, z.B. der AGs und SGs bekommen.
Für das Erstellen solcher Dokumentationen ist m.E. der Bundesvorstand verantwortlich.
Aber auch die Vorstände auf Landesebene und darunter müssen solche Dokumentationen erstellen. Z.B. wo man wie Infostände beantragt, was sie kosten oder auch nicht.
Welche Webseiten, Social Media Accounts eine Gliederung hat, wie die Passwörter dafür sind etc.
So vermeidet man z.B. tote Social Media Accounts, weil niemand das Passwort weiß.
Leider mangelt es hier beachtlich. Und so sind viele Fehler, die wir machen, nicht weiter verwunderlich.
Das Problem dabei ist, die Partei ist eben kein Kind mehr. Sie ist alt genug, das zu wissen. Passiert ist bedauerlicherweise nichts. Ich war selber Vorstand und habe es zumindest versucht. Honoriert worden ist das wenn überhaupt nur wenig. Wissen ist Macht.
Und enttäuschenderweise gibt es einige in der Partei, die Ihr Wissen eifersüchtig hüten und nicht teilen. Dass die Partei nicht an Wahlen teilnimmt, weil Termine verpasst wurden, ist, seit ich in der Partei bin, mindestens dreimal passiert. Das ist mit einem Wort: Peinlich.
Lastenheft
In der Softwarebranche gibt es ein sogenanntes Lastenheft. Es beschreibt den Auftrag bzw. die Funktionalität, die eine zu erstellende Software vom Auftragnehmer zu erfüllen hat. Das Pflichtenheft hingegen ist die Antwort darauf. Hier gibt der Auftragnehmer an, wie er die Software erstellen möchte. Vielleicht sollten wir unseren Vorständen ein solches Lastenheft verbindlich mitgeben. Das mag lächerlich klingen, aber angesichts der teilweise wirklich haarsträubenden Fehler, die wir als Partei machen, halte ich das für einen Des Nachdenkens werten Gedanken. Bisher können die Vorstände am Ende einer Legislaturperiode einen Rechenschaftsbericht (ähnlich dem Pflichtenheft) abgeben.
Ich habe einige gehört und fand die meisten ziemlich lächerlich. Das könnte damit zusammenhängen, dass es eben das von mir genannte Lastenheft nicht gibt. Ohne das kann nämlich jeder Vorstand für sich definieren, ob er etwas erreicht hat oder nicht. Oder wofür er verantwortlich ist oder nicht. Und vielleicht würde ja so ein Lastenheft auch die Zahl der Bewerber qualitativ etwas ausdünnen, wenn einigen klar wird, wie viel Arbeit das eigentlich ist.
Ziele
Ziele sind wichtig. Sie helfen dabei, sich selbst und andere zu motivieren. Ohne Ziele irrt man nur umher. Und genau das machen wir. Ich kann kaum ausformulierte Ziele entdecken. Allerdings muss ich zugeben, auch ich habe schon Menschen gewählt in der Partei, wo ich nur wenig bis gar keine Ziele entdeckt habe.
Und so, wie wir innerparteilich Ziele definieren sollten, so müssen wir natürlich auch nach außen politische Ziele definieren. Leider tun wir das nicht. Das hat natürlich den Vorteil, dass wir sie nicht verfehlen können. Der Nachteil ist, dass uns keiner wählt.
Fazit
Fehler zu machen, ist normal. Auch für eine Partei. Das wirklich Entscheidende ist, wie man damit umgeht und ob man daraus lernt. Ich bin nicht der Meinung, dass man für jeden Fehler gleich zurücktreten muss. Allerdings weiß ich, dass es immer Menschen gibt, die sowas fordern. Zumindest bei anderen. Wenn aber immer und immer wieder dieselben Fehler gemacht werden, dann müssen Köpfe rollen.
Es wird Zeit, dass wir aus unseren Fehlern lernen. Gleichzeitig sollten wir auch den Mut haben, eventuell politisch neue Fehler zu machen. Denn sonst werden wir uns nie weiterentwickeln.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Das ist ja alles schön. Aber zunächst wäre erwähnenswert, dass schon vorher ein ganzer Bezirksverband beschlossen hat, nicht an den Wahlen teilzunehmen und der Sprung über die UU-Hürde eine sehr hohe Latte war.
Es ist nicht der 1. LV, der aus formalen Gründen nicht an einer Wahl teilnehmen kann. Und die Vorstandszusammenarbeit im LV-Bayern gestaltet sich als recht überschaubar. Unter solchen Umständen sollte niemand arbeiten müssen. Und der schlaue Kollege, der sich so abfällig in der letzten BuVo-Sitzung geäußert hat, sollte sich mal an seine eigene Nase fassen.
Wahlen wuppt man nur gemeinsam. Egal, wer gerade Mitglied in ständig wechselnden Vorständen ist.
Hier übernehmen nur wenige die persönliche Verantwortung für Fehler eines ganzen Kollektivs und da nützen auch alle schlauen Sprüche zu „wir müssen aus Fehlern lernen“ nichts. Hier lernt kaum jemand was und das Lerner fängt immer ganz oben an.