Eine Kolumne von Ullrich Slusarczyk
Als ich das zweite Mal in einen Vorstand gewählt wurde, war eines meiner Ziele die Neugewinnung von Mitgliedern. In gewisser Weise war das sehr naiv. Denn ich bin davon ausgegangen, dass man im Prinzip nur losgehen muss und Leute fragt. Da habe ich aber noch nicht realisiert, dass es hier um Politik geht. Und eben nicht um einen Fußballverein oder einen gemeinnützigen Verein. Politik ist ein ganz anderes Pflaster. Das fängt schon damit an, dass ganz viele Menschen zwar jede Menge Meinung haben, aber lieber nichts mit Politik zu tun haben wollen. Das ist zumindest insofern nachvollziehbar, als der Ruf von Politikern auch sehr schlecht ist.
https://www.fr.de/kultur/politiker-schlechter-11273010.html
https://www.rnd.de/politik/politiker-im-zwielicht-wo-lobbyismus-aufhort-und-korruption-beginnt-4EU6YPUUZ5DEJG3G3SMT3NAJXM.html
Der Gedanke, man könnte Leute einfach ansprechen, ob sie nicht Mitglied werden wollen, war dann aber doch sehr naiv. Wie ich im Laufe der Zeit in der Partei lernen musste, geht das genaugenommen viel einfacher.
Man muss nur Politik machen.
Save Your Internet
Das war eine Bewegung, in der die Piraten sehr stark vertreten waren, deutschlandweit. Ein Ergebnis dieses Engagements war, dass unsere Mitgliederzahlen gestiegen sind. Die Menschen, vor allem junge Menschen, kamen von ganz alleine zu uns und wollten Mitglied werden. Wir haben uns also politisch betätigt. Mehr war fast nicht nötig. Aus dieser Zeit resultieren selbst jetzt noch etliche, hauptsächlich junge Mitglieder. Zwei Drittel der Neumitglieder haben uns nach meiner Schätzung allerdings wieder verlassen, aus den unterschiedlichsten Gründen. Ein Grund war, dass wir danach wieder in Agonie verfallen sind und uns eben nicht oder nur wenig politisch betätigt haben. Ein weiterer war sicher der Umgang mit den jungen Menschen, der, wie ich fand, teilweise unterirdisch war bzw. auch heute teilweise noch so ist.
noNPOG/NOPAG
2018 wurden in mehreren Bundesländern die Polizeigesetze geändert. Auch hier war die Piratenpartei stark engagiert. Auf und mit Demos, Reden etc. Diesmal war das Ganze aber nicht bundesweit. Aber zumindest in Niedersachsen hat die Piratenpartei davon, was die Mitglieder anbetrifft, profitiert. Und wieder war es politische Arbeit, die uns Mitglieder gebracht hat.
https://niedersachsentrojaner.de/
https://www.nopagby.de/
Mitgliederschwund
Natürlich hat der Schwund auch natürliche Ursachen. Nicht jeder ist für die Politik geeignet. Viele unterschätzen auch das Ausmaß an Arbeit, das zweifelsohne anfällt. Persönliche Gründe, Gesundheit, Alter und Weg- bzw. Umzug sind auch beteiligt.
Und je weniger Mitglieder es werden, umso weniger politische Arbeit, weil eben Arbeit, wird gemacht. Und schon ist man in einer Abwärtsspirale oder auch selbsterfüllenden Prophezeiung gefangen. Dann steigt der Frust und noch mehr Leute verlassen die Partei.
Politische Arbeit
Social-Media-Beiträge, Blogbeiträge, Pressemitteilungen, das alles ist auch politische Arbeit. Genauso wie Infostände. Aber eine Demo zu organisieren, das ist eine andere Qualität. Themen zu finden, die mit dem Programm der Partei vereinbar sind, wo die betroffene Klientel groß genug bzw. das öffentliche Interesse groß genug ist, das ist ein Teil dieser Arbeit. Bündnissen beitreten, sie vielleicht sogar selber ins Leben rufen, ein weiterer Teil. noNPOG hat in Hannover Demos mit 15.000 Menschen geschafft und die Piratenpartei war ein Teil des Bündnisses. Vielleicht wird das nicht immer so klappen, aber wenn man es erst gar nicht versucht, kann man auch keinen Erfolg haben. Und im Zuge solcher Bündnisse lernt man auch viele Menschen kennen, knüpft Verbindungen, oder wie man das heute nennt, networked.
Themen
Das Interessante ist, es mangelt nicht an Themen. Wohl aber an der Bereitschaft, sich ihrer anzunehmen.
Ein paar Beispiele:
Der Iran
Die Bundesregierung tut kaum etwas, oder, um es genauer zu sagen, sie kooperiert sogar mit den Mullahs. Kontakte zur iranischen Gemeinschaft sind vorhanden. Reichlich sogar.
Bundesweite Aufrufe zu Demonstrationen wären mithilfe der Piratenpartei sicher möglich.
Wasser
Wasser gehört zu den Klimathemen. Und schon kann ich alle hören. Das machen die Grünen, FFF etc.
Aber Wasser ist im Klimabereich nochmal ein Extrathema und niemand kümmert sich bisher darum. Dabei ist Wasser das größte Problem Deutschlands. Und ich befürchte, selbst ich werde die Folgen des bevorstehenden Wassermangels noch erleben. Hier gibt es jede Menge wissenschaftlicher Institute, mit denen man zusammenarbeiten kann. Und dann Aktionen bzw. Demos organisieren. So z.B. gegen den Verkauf von Wasser an Konzerne, bei denen wir dann das Wasser teuer kaufen müssen. Oder wie man Wasser entsalzt und dem Wasserkreislauf wieder hinzufügt. Der Bereich ist so vielfältig und die daraus sich ergebenen Chancen sind mannigfaltig.
Gesundheitswesen
Arztpraxen werden zugunsten von Konzernen ruiniert. Die Bezahlung ist teilweise lächerlich. Dazu unterstellt die Politik allen Ärzten, dass sie doch nur Golfspielen würden. Doch für einen Großteil ihrer Arbeit werden Ärzte nicht mehr bezahlt. Das trifft nicht auf alle Ärzte zu, ganz klar. Aber Arztpraxen sind nun mal Selbstständige. Sie müssen Angestellte bezahlen und Material etc. Aber immer mehr Arztpraxen schließen. Das kaufmännische Risiko ist vielen zu hoch. Dazu kommen Krankenhäuser, die immer weniger werden und nach einigen Plänen immer spezialisierter. Die Klientel in diesem Bereich ist riesig. Denn es betrifft alle. Erste Streiks gab es schon, aber dass die Piraten z.B. mit den verschiedenen Ärztevereinigungen zusammenarbeiten, Fehlanzeige.
Virchow Bund
Marburger Bund
Bochumer Bund
Wir könnten so viel tun. Tun es aber nicht.
Fazit
BuVo as a Service, darunter verstehen einige das:
Wir verstehen in einer basisdemokratischen Partei den Bundesvorstand als Dienstleister für die Basis. Top-Down-Politik und eigenmächtige inhaltliche Arbeit lehnen wir ab.
Diese Idee kann man vollumfänglich als gescheitert ansehen.
Warum?
Wenn eigenmächtige inhaltliche Arbeit abgelehnt wird, muss ja jemand anderes diese Arbeit machen. Dazu hätte die Basis, also die Mitglieder gefragt werden müssen, was diese denn gerne wollen. Es hätten also Umfragen stattfinden müssen. Bedauerlicherweise hat nur eine Umfrage stattgefunden. Und die war von zwei Piratinnen und nicht vom BuVo. Interessanterweise ist dann auch ausgerechnet die Flaschenpost Opfer der angesprochenen Top-down-Politik geworden durch ihre zwangsweise Abschaltung durch den BuVo. Mehr Top-down ging nicht. Es wird Zeit, dass wir wieder Politik machen und nicht nur Sprüche klopfen. Es wird Zeit, dass die Partei wirklich wieder der Basis gehört und nicht einigen wenigen. Wir haben nichts mit Che Guevara und Karl Marx zu tun und wir sind auch keine Staatsfeinde.
Ullrich Slusarczyk
Redaktionsmitglied Ullrich Slusarczyk
1963 in West-Berlin geboren. Jetzt in Hannover. Sehr viel gemacht im Leben und sehr viel gesehen. Schreibe gerne. Bin für direkte Sprache bekannt, manchmal berüchtigt. Halte nichts davon, Fakten auf einem DIN A4 Blatt breitzutreten, wenn das Wort „Idiot“ ausreicht. Schreibe jetzt hier die Kolumne hauptsächlich. Meine Themen sind: Gesundheit, Digitalisierung, Urheberrecht und Energie. Ich bin kein Wissenschaftler, logisches Arbeiten und Denken ist mir aber nicht fremd. Bin ein Wissenschaftsfan. Lese Science Fiction. Habe Karl May gelesen, aber auch Antoine de Saint-Exupéry oder Stanislav Lem.
Dieser BUVO ist kein Buvo as a Service sonsern in Buvo as a Saboteur!!!!!
Da präsentieren sich BUVO Mitglieder absichtlich als Anarchisten, aber handeln dann autoritär wie Bonsai Stalinisten.
Dann stellen die sich auf CSDs, aber posten danach Che Guevara Propaganda. Wohl wissend das Che in Kuba Konzentrationlager und Morde an Queeren Menschen organisiert hat.
Ich denke, dieser BUVO will die Partei zerstören. Ein Partei Ausschlussverfahren gegen diese Leute wäre richtig und wichtig.
Alle echten Piraten müssen nun zum nächsten Bundesparteitag kommen und diese Leute abwählen. Da müssen wir die Partei retten damit Sie nicht von diesen Ubooten übernommen und zerstört wird.
Ich hab die erste Bildungsdemo die den Namen verdient seit 15 Jahren organisiert. Aber klar die politische Arbeit steht still.
Aber klar bulb blub Ich bin ein U-Boot. Ich denke jeder geht mit Zielen in die Politik.
Meinst Du diese?
https://www.bildungswende-jetzt.de/nrw/
Wenn ja, ich sehe da nichts von den Piraten! Und ich habe auch innerhalb der Partei nichts davon gehört.
Mitgliederschwund kommt auch daher das es zu viel politische Korrektheit bei den Piraten gibt. Wer nicht woke ist wird gecancelt oder in irgendeine Ecke gestellt. Basisdemokratie geht halt nur wenn nicht von vorne herein nur eine einzelne Richtung erlaubt ist sondern viele Ideen diskutiert werden können.
Der Linksrutsch hat den Piraten nicht gut getan.